Metro mag keine Gewerkschaft

Vorwürfe gegen den Metro-Konzern: Die türkische Landesgesellschaft soll mit Kündigungsdrohungen eine missliebige Gewerkschaft aus den Betrieben gedrängt haben, um mit einer ihr genehmen Tarifverträge aushandeln zu können

aus Düsseldorf KLAUS JANSEN

Türkische und deutsche Gewerkschafter erheben schwere Anschuldigungen gegen den Düsseldorfer Metro-Konzern. Seit Jahren soll der Einzelhandelsriese in der Türkei gezielt gegen gewerkschaftlich organisierte Mitarbeiter vorgehen. Ein im Februar unter internationalem Druck zustande gekommenes Memorandum, in dem Metro Zusammenarbeit mit der türkischen Arbeitnehmerorganisation Tez-Koop-Is verspricht, scheint daran nichts zu ändern.

„Die unglaublichen Praktiken in der Türkei können wir nicht ignorieren“, sagt Sabine Möller von Ver.di in Baden-Württemberg, die das Schicksal der 3.000 Beschäftigten in der Türkei seit Jahren verfolgt. Gewerkschaftsmitglieder würden systematisch benachteiligt, sagt Ramazan Bayram von Tez-Koop-Is. Metro drohe mit Kündigung, wenn Mitglieder nicht austreten wollen. Man habe Arbeitnehmer sogar in Bussen zum vom Konzern bezahlten Anwalt gebracht, um Austritte notariell beglaubigen zu lassen.

Der Kampf gegen Tez-Koop-Is hat System: „Eine lang vorbereitete Strategie“ sei das Eingrenzen des Gewerkschaftseinflusses, hieß es bereits 1999 in einer Mitteilung der Metro-Geschäftsleitung, die der taz vorliegt. Ziel dieses Plans war nach Angaben der Gewerkschaft, die Zahl der bei Tez-Koop-Is organisierten Mitarbeiter unter die Quote von 51 Prozent zu bringen, die nach türkischem Recht zur Anerkennung als Verhandlungspartner benötigt wird. Zumindest das ist inzwischen gelungen.

Bei Metro – weltdrittgrößtes Handelsunternehmen, zu dem etwa Kaufhof, Saturn, Media-Markt und Extra gehören – wiegelt man ab: „Wir haben zu keiner Zeit gegen türkisches Recht verstoßen“, sagt Firmensprecher Jürgen Homeyer. Allerdings kann auch er nicht dementieren, dass die Metro bei Gewerkschaftsaustritten nachgeholfen habe. Das Unternehmen habe so auf mangelnde Kooperationsbereitschaft der Tez-Koop-Is reagiert. Dass es keineswegs darum gehe, die Mitarbeiter in ihrer Organisationsfreiheit zu beschränken, zeige sich darin, so der Konzern-Sprecher, dass mittlerweile über die Hälfte der türkischen Metro-Belegschaft in der anderen türkischen Gewerkschaft Sosyal-Is organisiert sei. Damit könnten demnächst Tarifverhandlungen mit Sosyal-Is aufgenommen werden. Metro-Lesart: Das Problem ist die Konkurrenz zwischen den beiden türkischen Gewerkschaften, aus denen sich das Unternehmen aber heraushalten werde. Metro sei zur Neutralität verpflichtet.

Nach Meinung der Gewerkschafter ist die Konkurrenz erst durch die Metro-Aktionen entstanden: „Sosyal-Is hat bis zum Eingreifen der Konzernleitung keine Mitglieder in der Metro-Belegschaft gehabt“, sagt Ramazan Bayram. Dies bestätigt Ulrich Dalibor: „In weniger als zwei Wochen die Mehrheit der Beschäftigten in einer bis dahin nicht aktiven Gewerkschaft zu organisieren, ist Weltrekord.“ Er vermutet, dass die dem Konzern angenehmere Sosyal-Is von der Metro massiv gesponsert wurde. Sein Fazit: „Die ganze Sache hat eindeutig ein Gschmäckle.“