Der Bambus lacht

Innovativ, ökologisch, schlicht: Die Gesellschaft für bessere Möbel arbeitet mit widerstandsfähigem Bambus-Massivholz, das in Fernost als Symbol für Stärke, Schönheit und Lebensenergie steht

VON BRIGITTE WERNEBURG

Bevor sich das Architekturbüro 213 und die Holz- und Metallwerkstatt interzone zusammentaten, um sich ironisch augenzwinkernd besondere moralische Vorzüglichkeit zu attestieren, indem sie ihr gemeinsames Projekt „Gesellschaft für bessere Möbel“ nannten, war da das Parkettbodenmuster einer Kölner Firma. Das kleine, quadratische Musterstück aus Bambus kursierte im Architekturbüro von Schreibtisch zu Schreibtisch. Immer wieder ertappten sich die Mitarbeiter dabei, wie sie fasziniert die angenehm anzufassende Oberfläche streichelten. Warum eigentlich, kam ihnen da die Idee, sollte man aus diesem Holz nicht Möbel bauen?

Bambus ist eine uralte asiatische Kulturpflanze, die seit Jahrtausenden in unterschiedlichster Form genutzt wird. Wegen seiner außerordentlichen Widerstandsfähigkeit und seiner enormen Vitalität – die Pflanze wächst unglaublich schnell, bis zu einem Meter zwanzig am Tag – steht der Bambus in den fernöstlichen Religionen als Symbol für Stärke, Schönheit und Lebensenergie. Nach botanischen Gesichtspunkten gehört er zu den Süßgräsern. Seine chemische Zusammensetzung freilich klassifiziert ihn eindeutig als Holz. Seine Hauptbestandteile sind zu 70 Prozent Cellulose und zu 25 Prozent Lignin. Er enthält keine Gerbsäuren oder Harze, dafür aber umso mehr Kieselsäure, was dem Rohr, sobald es verholzt ist, hohe Festigkeit gibt.

Bambus wächst schnell und kann schon nach vier bis sechs Jahren genutzt werden. Die ökologische Funktion des Bambuswaldes, der nicht nur erheblich mehr Holz produziert als andere Wälder, sondern auch mehr Sauerstoff, bleibt dabei vollständig erhalten, da der Bambuswald selektiv beerntet wird. Jedes Jahr treibt der Bambus neue Halme aus dem im Boden liegenden Rhizom, dem langlebigen, sich ständig verjüngenden Wurzelwerk der Pflanze. Wo immer Bambus statt Holz verwendet wird, schont man die deutlich langsamer wachsende Ressource Wald. Schon diese Daten rechtfertigen den Namen der Gesellschaft für bessere Möbel.

Dazu kommt, dass der für die Massivholzplatte verwendete Bambus in China auf großen Plantagen nach forstwirtschaftlichen Grundsätzen ohne Planzenschutzmittel kultiviert wird. Das Rohr wird in längliche Scheiben geschnitten, die dann mit hochwertigem Leim zur Massivholzplatte verbunden werden. Hohe Druck- und Abriebfestigkeit wie geringe Schwind- und Quellmasse bei Feuchtigkeit zeichnen das Material ebenso aus wie die ästhetisch ansprechende Oberfläche der Platte, die den Appeal exotischer Hölzer hat, ohne mit deren bekannten ökologischen Problemen behaftet zu sein.

Bessere Möbel zu bauen war Anfang des 20. Jahrhunderts ein großes Reformprojekt der Architekturavantgarde, die damit zunächst einmal schlichte, funktionale Möbel meinte. Möbel, die dazu preiswert sein sollten, damit sie in großen Kreisen der Bevölkerung Akzeptanz fänden. An dieses Konzept dockt die Gesellschaft für bessere Möbel an. Und dabei, das soll hier nicht verschwiegen werden, spielt auch ein Interview in der taz, das die Projektleiterin Ute Ziegler vor Jahren las, eine große Rolle. Denn dort hatte Hartmut Esslinger von Frog Design von 25 Prozent Produktions- versus 75 Prozent Vertriebs- und Marketingkosten gesprochen. Warum sollte man diese Prozentzahlen nicht umkehren können? So kam es zur 70/30 Formel: Der Preis für die Möbel errechnet sich mit 70 Prozent für Material und Fertigung, nur 30 Prozent entfallen auf Marketing und Vertrieb.

Die besseren Möbel der Gesellschaft sind zwar nicht zu Ikea-Preisen zu haben, ein hohes Preis-Leistungs-Verhältnis zeichnet sie dennoch aus. Formschön, schlicht und funktional, mit samten gewachsten Oberflächen stehen die Hocker, Bänke, Betten und Tische nun im neu eröffneten Showroom in den Sophienhöfen da. Wer sehen will, in welcher Schönheit die besseren Bambusmöbel altern, der sollte in der Alten Schönhauser Straße einen Abstecher ins Indochinacafé Monsieur Voung machen, denn dort sind sie seit zwei Jahren heftiger Nutzung ausgesetzt.