KEINE US-BOTSCHAFT AM PARISER PLATZ – EINE BELOHNUNG FÜR BERLIN
: Rückkehr erst in Friedenszeiten

Viele Berliner zeigen ihre Freude ganz offen. Wenn die USA ihre neue Botschaft tatsächlich nicht neben das Brandenburger Tor stellen, erkennen sie darin – wohl auch zu ihrer eigenen Überraschung –, wie ernst Washington den deutsch-französischen Friedenskurs nimmt. Keiner glaubt, dass den US-Diplomaten einfach nur der Pariser Platz, ihre neue Adresse, nicht passt. Die Suche nach einem neuen Standort sollte den Charakter einer Abstrafung haben – gerät aber eher zur Belohnung.

Schließlich wäre die Hauptstadt ein riesiges Sicherheitsproblem los. Denn aus Schutz vor Anschlägen hätte ein Teil des Pariser Platzes abgesperrt werden müssen. Und da die Bush-Administration bisher nicht zu erkennen gegeben hat, dass der laufende Krieg der letzte ist, wären die Schutzvorrichtungen rund um die Botschaft zu einer permanenten Einrichtung geworden. Eine städtebauliche Katastrophe, noch akzentuiert durch die gegenüberliegende Botschaft Frankreichs, der man zwar derzeit mehr Sympathie entgegenbringen möchte, die aber ebenfalls wie eine Festung wirkt.

Zwar werden Botschaftsbauten von Regierungen für Regierungen gebaut und nicht – um es pathetisch auszudrücken – vom einen Volk für das andere. Insofern nehmen die deutsch-amerikanischen Alltagskontakte nur geringfügig Schaden. Und dennoch beruht die belustigte Zustimmung zu den Plänen der US-Diplomatie, die jetzt überall zu bemerken ist, im Kern auf Antiamerikanismus. Demnach wären die Vereinigten Staaten mit der Regierung von Georg W. Bush gleichzusetzen. Doch er ist überhaupt nur mit Tricks Präsident geworden; er und die Präventivkriegsdoktrin könnten mit der nächsten oder übernächsten Wahl auch wieder verschwinden. Wer dies kategorisch ausschließt, hält die US-Gesellschaft für untauglich, sich eine neue, wieder multilateral ausgerichtete Regierung zuzulegen. Diese Option sollten wir ihr allerdings lassen – und das Grundstück am Brandenburger Tor nicht bebauen. Wenn dann der neokonservative Spuk in den USA vorbei ist, laden wir die USA ein, an den Pariser Platz zurückzukehren – zur Belohnung. DIETMAR BARTZ