Brust der Fußballer immer lukrativer

Mit Trikotwerbung machen Bayern München oder Borussia Dortmund mittlerweile Milliardengeschäfte

BERLIN taz ■ Das waren Zeiten: Vor 30 Jahren verdienten Fußballer kaum mehr als Facharbeiter, Tickets kosteten ein paar Mark. Dann kam Günter Mast. Der Jägermeister-Fabrikant zahlte Eintracht Braunschweig 100.000 Mark pro Saison für seinen Hirsch auf der Brust. Ein Sündenfall, wetterte der Deutsche Fußball-Bund (DFB) und bremste die Geldquelle bis zum März 1973 aus. Es war ein letztes moralisches Zucken.

Die erste Trikotwerbung startete jene Maschinerie aus Werbung, Merchandising und TV- Geld, die längst Milliarden umsetzt. Im ohnehin lukrativen Sportgeschäft, schwärmt Bernd Reichstein vom Sponsoren-Verband Faspo, „ist Fußball die größte Marketingplattform überhaupt“. Bis zu 20 Millionen Euro kassiert allein der Branchenprimus FC Bayern von der Telekom – viermal mehr als der Ligaschnitt. Aber selbst die billigste Erstligabrust bringt mehr als das Zehnfache jener 400.000 Mark ein, die der HSV 1974 von Campari erhielt. Heute deckt Werbung durchschnittlich ein Fünftel des Vereinsetats ab, der Spielbetrieb 16 Prozent. Für fast die Hälfte sorgt mit 290 Millionen Euro das Fernsehen.

1965 ahnte niemand, welchen Kreislauf ARD und ZDF in Gang gesetzt hatten. Mit „Anpfiff“ wurde Fußball 23 Jahre später zur Marke, mit „ran“ kurz darauf zum Event. Als dann auf Geheiß der Sender Trikots mit Spielernamen beflockt wurden, gab es statt elf Werbeträgern bald tausende – die Vereine verkaufen weit mehr Jerseys, als Fans in die Stadien passen. So klettern die Einnahmen aus Werbung und Merchandising. Im letzten Jahr legten die Fanshops der 36 Bundesligisten nach kurzer Talfahrt um 17 Prozent auf 75 Millionen Euro zu. Regelmäßig checkt der Branchenbeobachter Sport + Markt das Gedächtnis der Reklamerezipienten. Ergebnis: Im November lag Dortmunds Sponsor E.on vorn, an Expartner S. Oliver erinnerten sich die wenigsten. Vorbei die Zeiten, da Continentale zum Meister gehörte wie das Westfalenstadion oder Sharp zum HSV wie der Volkspark. Jetzt heißt das Stadion AOL-Arena und der vierte Brustbedruck seit 1993 TV-Spielfilm, ein Hamburger Produkt. Doch Lokalkolorit ist in der Beletage die Ausnahme, meint Faspo-Vize Reichstein – je niedriger Liga und Tabellenplatz, desto regionaler die Sponsoren. Weil laut Reichstein „Affinität und Fitting wichtig, nicht alles“ seien, könnten Verträge wie von Bayern und Opel 13 Jahre halten. Nur weiter unten gelte noch das Prinzip des Imagetransfers über örtliche Passform. So verleiht Naturenergie dem SC Freiburg ein studentisches Ökoimage, Hansa Rostock setzt mit Vita-Cola auf Ostalgie, und „Die Toten Hosen“ aus Düsseldorf wollen ihre Fortuna mit 500.000 Euro plus weltweitem Trikotabsatz aus der Oberliga holen. Tore aber müssen die Sportler machen: Braunschweig stieg im Jahr des Jägermeister-Deals ab. JAN FREITAG