Aus dem Osten Schweden machen

Dass Frauen aus den neuen Ländern abwandern, muss nicht sein. Eine Studie zeigt, was Firmen und Politik tun können

BERLIN taz ■ Im Osten sind bald arme, dumme Männer allein zu Haus, weil die schlauen Frauen alle in Baden-Württemberg das dortige Sozialprodukt steigern. So ähnlich wurde in letzter Zeit öfter das Phänomen der Abwanderung junger, gut qualifizierter Frauen aus den neuen Ländern überzeichnet. Das muss nicht so sein, lautet das Ergebnis einer Studie für das Bundesverkehrsministerium, die heute in Leipzig auf einem Kongress vorgestellt wird. Das Ministerium koordiniert den Aufbau Ost. „Frauen haben im Osten etwas zu gewinnen – und der Osten hat mit den Frauen etwas zu gewinnen“, fasst Gisela Erler vom pme Familienservice, der das Papier erstellt hat, die Ergebnisse zusammen.

Die Studie trägt Daten über die Lage der Frauen in den neuen Ländern zusammen und betont die Entwicklungschancen, die sich daraus ergeben. „Der Osten ist kein Mezzogiorno“, sagt Erler. „Er ist in Gleichstellungsfragen sehr viel näher an Skandinavien als Westdeutschland. Und das nützt den Frauen natürlich.“ So habe man hier kein Problem, Betreuungsplätze für Kinder zu finden. Auch seien Frauen in sogenannten Männerberufen und in Führungsjobs hier kulturell etwas selbstverständlicher als im Westen, was den Einstieg in solche Jobs erleichtere.

Vor allem aber machen die AutorInnen Politik und Unternehmen im Osten auf die Humanressource vor ihrer Haustür aufmerksam. Denn die jungen Frauen in den neuen Ländern sind von allen Frauen und Männern in Ost und West am besten qualifiziert. Diese Frauen müssten Bildungsstätten, Fachhochschulen und Firmen nur rekrutieren, anstatt über Fachkräftemangel zu jammern, sagt Erler. Hilfreich dafür seien Bildungsgänge, die sich speziell an Frauen richten. Die Studie beschreibt den „Frauenstudiengang Wirtschaftsingenieurwesen“ der Fachhochschule Stralsund als gelungenes Beispiel.

An dessen Erfahrungen schließen weitere Vorschläge an, wie Frauen und neue Länder besser zusammenfinden können: So könnte die Ostförderung bewusst typische Unternehmensformen von Frauen einschließen – das sind oft kleinere Firmen im Dienstleistungsbereich. Oder gleich ein größeres Rad drehen: Im Gespräch ist eine Technische Universität für Frauen. Damit würde der Osten den Westen tatsächlich mal überholen, ohne ihn einzuholen. Doch wie immer bleibt dieser schöne Ulbricht-Spruch ein Konjunktiv. HEIDE OESTREICH

Kongress im Netz: www.frauenmachenneuelaender.de