Favorit für John-Nachfolge

Kommende Woche entscheidet der Senat, wer die Ausländerbeauftragte Barbara John beerbt. Günter Piening, ihr scheidender Amtskollege in Sachsen-Anhalt, gilt als aussichtsreichster Kandidat

von HEIKE KLEFFNER

Der derzeitige Ausländerbeauftragte in Sachsen-Anhalt, Günter Piening, soll nach Recherchen von taz und SFB neuer Ausländerbeauftragter von Berlin werden. Der 51-Jährige soll die Nachfolge von Barbara John antreten, die am 1. Juni nach 21 Jahren als ihr Amt abgibt.

Roswitha Steinbrenner, Sprecherin von Sozialsenatorin Heidi Knake-Werner (PDS), wollte gestern die Entscheidung über Johns Nachfolge weder dementieren noch bestätigen. Eine verbindliche Entscheidung werde bei der Senatssitzung am kommenden Dienstag getroffen. Dort habe die Sozialsenatorin ein Vorschlagsrecht.

Auch Piening will sich derzeit öffentlich nicht äußern. In den letzten Monaten hatte der Diplomsoziologe und Journalist, der nach kurzer Zeit als Sprecher der Grünen-Fraktion im Magdeburger Landtag 1996 von der rot-grünen Koalition zum Ausländerbeauftragten berufen worden war, die CDU/FDP-Landesregierung scharf kritisiert. Sie gefährde mit politisch motivierten Sparmaßnahmen „den Aufbau zivilgesellschaftlicher Strukturen und die Arbeit gegen rechts“. Die Landesregierung wiederum hatte die Möglichkeiten des Ausländerbeauftragten eingeschränkt und Pienings Vertrag nicht verlängert.

Wer in diesen Tagen nach dessen Verdiensten in dem Bundesland mit einem Ausländeranteil von 2 Prozent fragt, erhält unterschiedliche Antworten. Der Bielefelder Grüne sei ein „Wessi mit Ostblick“, ein „Moderator“, der einer widerstrebenden Mehrheitsöffentlichkeit die Unumgänglichkeit von Zuwanderung und Migration erfolgreich näher gebracht habe, heißt es in Sachsen-Anhalt. So gehörte Piening zu den Initiatoren eines im Januar veröffentlichte Memorandums, in dem ostdeutsche Ausländerbeauftragte die Notwendigkeit von Zuwanderung betonen. Piening scheue sich nicht, unbequeme Meinungen offensiv zu vertreten, sagt Matthias Gärtner, früher innenpolitischer Sprecher der sachsen-anhaltischen PDS-Fraktion. „Opfer rassistischer Angriffe hat er kontinuierlich unterstützt.“ Zudem sei es ihm gelungen, ein funktionierendes Netzwerk von Vereinen, Verbänden und Beratungsstellen aufzubauen. Andere Stimmen warnen, die Anforderungen an einen Ausländerbeauftragten in Berlin seien komplexer.

Die Sprecherin der Sozialverwaltung betonte, es sei sorgfältig unter 42 BewerberInnen ausgewählt worden. 12 KandidatInnen seien einer engeren Wahl in einem „Assessment Center“ unterzogen worden, dem auch unabhängige Fachbeamte angehört hätten. Der Ausgang des Verfahrens sei „einstimmig und eindeutig“ gewesen. Unter den abgelehnten BewerberInnen sollen sich neben der Exlandesbeauftragten für das „Tolerante Brandenburg“, Uta Leichsenring, auch Sanem Kleff, Vorsitzende des Projekts „Schule ohne Rassismus“ und Mitglied des GEW-Bundesvorstands, sowie die Charlottenburg-Wilmersdorfer Ausländerbeauftragte Azize Tank befunden haben.