Westostdeutscher Rundfunk

Heute soll der Rundfunkrat des Fusionssenders Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) den Intendanten wählen. Vier Kandidaten stehen zur Wahl. WDR-Fernsehdirektor Deppendorf hat Chancen

von STEFFEN GRIMBERG

Es war ein ungewohntes Bild, als am vergangenen Mittwoch der Abspann von „Hart, aber fair“ im WDR-Fernsehen lief. Denn das Kölner Format, eine oft wohltuende Ausnahme unter den flachen Polittalks im deutschen Fernsehen, sendete aus der „Sabine Christiansen“-Kugel am Breitscheidplatz – und kommt ab sofort mit jeder dritten Sendung vom Rhein an die Spree. Folglich handelte es sich bei dem Gotteshaus, das da neben den Credits für den Moderatoren-Anzug und dem Senderlogo prangte, nicht um den WDR-erprobten Kölner Dom – sondern um die Berliner Gedächniskirche.

Alles nicht der Rede wert, wenn da nicht noch mehr Indizien wären. Indizien dafür, dass sich der einstige Hauptstadtsender WDR, für den es ins kleine Bonn stets nur ein Katzensprung war, auf den etwas längeren Marsch in die große Stadt an Havel und Spree aufgemacht hat. Längst untersteht das „neue“ Hauptstadtstudio des ARD-Fernsehens dem WDR-Mann Thomas Roth.

Und noch einen zieht’s aus den Kölner WDR-Arkaden wieder nach Berlin: Ulrich Deppendorf, Roths Vorgänger als Haupstadtstudio-Chef. Deppendorf, so scheint’s, momentan latent glückloser WDR-Fernsehdirektor, will erster Intendant des neuen Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) werden.

Seine Chancen bei der Wahl heute Nachmittag sind gut, behaupten die Auguren. Denn der politische Journalist Deppendorf hat im Gegensatz zu den anderen KandidatInnen (siehe Bericht unten) das Zeug dazu, endlich das zu ereichen, was SFB und ORB stets versagt blieb: Obwohl sie die Hauptstadtregion repräsentierten, wurden sie weder von der Berliner Republik, noch den großen ARD-Anstalten sonderlich ernst genommen. Tatsächlich kann Deppendorf nun auf gut funktionierende Berliner Netzwerke zurückgreifen, denn manchem dürfte es gar nicht schwer fallen, die bislang dem WDR entgegenbrachte Loyalität einfach auf den alten Bekannten beim neuen Sender zu übertragen.

WDR-Intendant Fritz Pleitgen war daher auch alles andere als begeistert, als sich sein alter Weggefährte nach verhältnimäßig kurzem Aufenthalt – Deppendorf war erst im Mai 2002 von Berlin nach Köln gewechselt – schon wieder verabschieden wollte. „Ulrich Deppendorf hat sich nicht beim RBB beworben und wird sich auch nicht bewerben, darin sind wir übereingekommen“, hatte Pleitgen noch Anfang Februar, als die Bewerbungsfrist längst abgelaufen war, via Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung verkündet. Doch der Genannte blieb hartnäckig, und so musste Pleitgen drei Wochen später verkünden, man solle „Reisende nicht aufhalten“.

Zum Verhängnis werden könnten Deppendorf allerdings die recht durchsichtigen Versuche der SPD-Spitzenmänner in den Landesregierungen von Berlin und Brandenburg, ihre MandatsträgerInnen im RBB Rundfunkrat, der heute abzustimmen hat (siehe Kasten), auf Deppendorf einzuschwören. Aber vielleicht war das vom Senatssprecher heftig dementierte Treffen Deppendorfs mit dem Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) und Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) Ende Februar ja auch nur ein Zeichen, wie gut sich der Kandidat schon auskennt.