Heimkehr der Gefangenen als Sieg inszeniert

Für den Chef der libanesischen Hisbullah Hassan Nasrallah bleibt militärischer Widerstand auch künftig eine Option

BEIRUT taz ■ Mit gut zwei Stunden Verspätung landete die Bundeswehrmaschine mit den 21 aus israelischer Haft befreiten Gefangenen in Beirut. Die gesamte Führungselite des Libanons stand zum Empfang der „Helden des nationalen Widerstands“ Spalier: Präsident Emile Lahoud, Premier Minister Rafik Hariri, die Führer sämtlicher Religionsgruppen und natürlich der Generalsekretär der Hisbullah, Hassan Nasrallah. Es gab Freudenschüsse, Feuerwerk und ein Fahnenmeer von libanesischen und Hisbullah-Flaggen. Dazwischen auch „Hammer und Sichel“ der Kommunistischen Partei Libanons, die die Befreiung eines ihrer Genossen feierten.

Insgesamt 17 Jahre hatte Anwar Yassin in Israel im Gefängnis verbracht. „Ich bin stolz, ein Held der Freiheit zu sein“, sagte der heute 35-Jährige, obwohl die Vertreter seiner Partei als Atheisten vom offiziellen Empfang ausgeschlossen waren. Im Autokorso ging es weiter in den Beiruter Stadtteil Harek Hreik, einer Hochburg der Schiiten.

In einer mit rund 8.000 Menschen besetzten Halle hielt Hassan Nasrallah seine Willkommensansprache für die befreiten Gefangenen. Zu Beginn betonte der Generalsekretär, dass man den Israelis Respekt und Anerkennung zollen müsste, wie sie sich für ihre toten wie lebenden Staatsangehörigen einsetzten. „Das ist die gute Seite der Israelis. Diese Werte sind auch unsere Werte“, betonte Nasrallah. Der Gefangenenaustausch sei in erster Linie ein menschlicher Akt. Aber man sollte sich keiner Illusion hingeben. Friedliche Verhandlungen seien keine Alternative zum militärischen Widerstand. „Effektiver Widerstand war schließlich der Hintergrund dieses Erfolgs.“

Grund zur ungetrübten Freude gäbe es ebenfalls nicht, da drei weitere libanesische Gefangene in Israel in Haft seien. Er meinte Yehya Skaff, Nasim Nasr (mit israelischer Staatsangehörigkeit) und Samir Quantar, die möglicherweise im Zuge eines zweiten Gefangenenaustauschs freikommen sollen.

Vorausgesetzt die Hisbullah liefert stichhaltige Informationen über den im Jahre 2000 über dem Libanon abgestürzten und verschollen israelischen Piloten Ron Arad. Dies sei aber nur eine Option, betonte der Generalsekretär, die inhaftierten Gefangenen freizubekommen. Man könne noch generell über Kriegsgefangene verhandeln. Wenn alles nichts nütze, werde die Hisbullah zum letzten Mittel greifen und israelische Soldaten kidnappen. Grinsend erklärte er, man werde dafür sorgen, dass die israelischen Soldaten lebend gefangen genommen werden.

Diese für die Hisbullah in den letzten Jahren so typische Drohgebärde könnte schnell Realität werden. Die Hisbullah besitzt beste Kontakte zum israelischen Militär, von dem sie im Austausch gegen großzügige Drogenlieferungen logistische Informationen bekommt. Das mache auch, laut Nasrallah, den großen Unterschied aus. Bisher hätten die Araber immer „aus einer Position der Schwäche verhandelt“, und das musste scheitern.

Die Feierlichkeiten zur „Rückkehr der Helden“ werden in den nächsten Tagen weitergehen. Die meisten der Exgefangenen stammen aus dem Südlibanon, der fast 20 Jahre von den Israelis besetzt war. Für die Dörfer der Heimkehrer hatte die Hisbullah 4.000 Banner und 6.000 Flaggen fertigen lassen, dazu überlebensgroße Konterfeis der „islamischen Kämpfer“, die auf Straßen und Plätzen drapiert wurden. Die Hisbullah weiß wie immer ihren Erfolg bestens zu inszenieren. ALFRED HACKENSBERGER