Kriegs-Tief über den Azoren

Gipfel der Kriegsbefürworter auf den Azoren: Allerletzte Initative für diplomatische Einigkeit am heutigen Montag. USA lehnen auch letzten Kompromissvorschlag aus Paris gegen Irakkrieg ab

BERLIN rtr/afp/dpa ■ Die Entscheidung über ein Ende der Irak-Diplomatie und damit über einen Krieg gegen den Irak fällt am heutigen Montag. „Morgen ist der Moment der Wahrheit für die Welt“, erklärte US-Präsident George W. Bush am Sonntagabend auf einem Dreier-Gipfel mit dem britischen Premier Tony Blair und dem spanischen Regierungschef Jose Maria Aznar auf den Azoren. Es gehe darum, dass alle Staaten die „sofortige bedingungslose Entwaffnung unterstützen“.

Aznar bezeichnete die heutige Aktion als „letzten Versuch“, den größtmöglichen Konsens aller Staaten zu erreichen. Ob die USA, Großbritannien und Spanien ihre neue Resolution, die einen Waffeneinsatz gegen das Regime Saddam Hussein androht, heute im UN-Sicherheitsrat auch zu Abstimmung stellen, blieb offen. Blair, Bush und Aznar vermieden eine Festlegung. Bush sagte dazu, es bestehe letztmalig die Möglichkeit der Vereinten Nationen, über die zweite Resolution zu entscheiden.

Der UN-Sicherheitsrat soll heute nacht über den Irak-Konflikt beraten. Nach Angaben aus New York steht dabei die Initiative von Frankreich, Russland und Deutschland auf der Tagesordnung, die Bagdad eine Frist von 30 oder 60 Tagen zur Entwaffung geben will.

Die USA lehnten allerdings gestern auch diese Initiative ab. Vizepräsident Dick Cheney nannte den Vorschlag einen „Rohrkrepierer“. Ein solches Ultimatum stehe nicht zur Debatte, sagte Cheney. US-Präsident Bush werde in den kommenden Tagen eine „sehr schwierige und wichtige“ Entscheidung treffen, fügte der US-Vizepräsident drohend hinzu.

Frankreichs Präsident Chirac hatte sich zuvor mit einem neuen Ultimatum an Bagdad einverstanden erklärt. Sollten die UN-Waffeninspekteure Bagdad eine neue Frist von 30 oder 60 Tagen zur Entwaffnung einräumen wollen, könnte er dies akzeptieren, sagte Chirac: „Alles, was die Inspekteure hierzu vorschlagen, sollte angenommen werden“, sagte Chirac.

Das Auswärtige Amt rief gestern alle in Irak lebenden Deutschen zur Ausreise auf und kündigte eine Schließung der Botschaft an. Weltweit demonstrierten hunderttausende gegen den drohenden Krieg. Allein in Berlin bildeten 100.000 Menschen eine 35 Kilometer lange Lichterkette. In Washington zogen 40.000 zum Weißen Haus, bei Frankfurt blockierten hunderte eine US-Airbase. KLH

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