Eine clevere Illusion

Eine Bilderserie aus der Wahlnacht der Familie Obama etabliert eine völlig neue White-House-Ikonografie

Barack Obama gehört nicht nur sich selbst. Das hat ihn zum Messias gemacht, das hat ihm dem Sieg verschafft.

Mit 5-Dollar-Spenden, mit wenigen Klicks auf der Homepage wurden seine Anhänger zur sich selbst verpflichtenden Schicksalsgemeinschaft, wurde Obamas Körper zur Box von Wünschen und Hoffnungen einer eigenen wie nationalen Auferstehung. Und zum Symbol einer neuen Teilhabe an Macht im Weißen Haus, die nach dem Einzug als erste Maßnahme eben nicht nur die Einzelinteressen der größten Millionenspender für die erfolgreiche Kampagne bedient.

Die Kassiererin von Wal-Mart und McDonald’s, die Bedienung in den Diners von Boston, Dallas oder San Francisco, die Putzfrauen fürs Parkett und die Toiletten der Wall Street können verkünden: „I paid for his campaign. Now he is President and so am I. Whatever he does, how tough it might become, I will go with him.“ Eine solche auf Dauer belastbare und einklagbare, emotional begründete Zustimmung zur eigenen Politik, die nicht frei bleiben wird von schmerzhaften Einschnitten, Härte gegenüber anderen und Enttäuschungen über Entscheidungen hat sich Obama noch vor seiner Vereidigung gesichert.

In der Rede der Wahlnacht kündigte er bereits an, dass es beim Päppeln des Patienten USA nicht beim Dauerrausch bleiben, sondern dauerrau werden kann. Das Wahlkampfgefühl der Nähe und Partizipation, des „Wir sind er und er ist wir“, diese Macht, dieses Kapital sichert, zementiert und kompensiert Obama daher jetzt vorsorgend: die Fotos seines Wahlkampffotografen David Katz von den Stunden der Wahlnacht in einem Chicagoer Hotelzimmer lässt der 44. und erste schwarze Präsident der USA ins Netz stellen.

Obama holt die Welt so nah wie nie zuvor an sich heran. Hierher, wo er bangt, hofft und erlöst wird. Er köpft keine Champagnerflaschen, berauscht sich nicht an seinem Sieg. Er wirkt gefasst, ernst: ein Mann der Zeit, der weiß, was sein Sieg bedeutet, kein Mann des hämischen Triumphs. Ein Obama des Vertrauens, ein Obama zum Liebhaben. Diese Bilder werden zu Ikonen werden.

Kein Blitz durchbricht das offenbare Selbstsein, schärft Konturen. Im Gegenteil: Sie sind durch die sich entladene Anspannung und Energie der Freude oftmals verwischt im fahlen Licht der Stehlampe. Hyperauthentisch. Obama umgreift auf der Couch die Hand seiner Schwiegermutter, legt seine Schuhe auf dem Tisch ab, seine Tochter Malia gratuliert ihrem und dem neuen Global-Dad. Amerika hat nicht nur einen Präsidenten, US-Amerika hat eine Familie, und jeder gehört dazu. Was für eine clevere Illusion. FX