Immer dasselbe Schmierenstück

betr.: „Ypsilanti kocht“, taz vom 4. 11. 08

Es ist doch immer dasselbe Schmierenstück, das immer dann aufgeführt wird, wenn der SPD-Karren metertief im Dreck steckt. Dann erinnert man sich im rechtssozialdemokratischen Sumpf daran, dass man vielleicht einmal ein Päuschen einlegen sollte, um nicht von Wahl zu Wahl mit dem Verliereretikett beklebt zu werden. Man könnte ja auch mal die verhasste innerparteiliche Linke bei Wahlen auf die Schnauze fallen lassen.

Also erträgt man, dass eine linke, relativ junge Frau einen Wahlkampf führt, am besten natürlich in einem für die SPD hoffnungslosen Bundesland. Dann tritt aber der größte anzunehmende Unfall ein: Die gewinnt die Wahl! In einem Ausmaß, der den SPD-Granden den kalten Schweiß auf die Stirn treibt, da zum ersten Mal seit gefühlten Jahrzehnten eine winzige Chance besteht, einen Hauch von sozialdemokratischer Politik durchzusetzen. Für die Rechtssozialdemokratie ein offensichtlich unerträglicher Zustand.

Anstatt den Wählerwillen anzuerkennen, und vor allem die Leistung Ypsilantis, die SPD aus dem Tal der Tränen und Niederlagen zu führen, melden die Karriereschleimer frech den Anspruch auf die Regierungsmacht an, für die sie im Wahlkampf so gut wie nichts beizutragen hatten. Darüber hinaus delirieren sie sich Koalitionspartner zusammen, die es in Hessen und auch anderswo schlicht nicht gibt, außer als Option auf den weiteren beschleunigten politischen Niedergang der Sozialdemokratie.

Noch ist Hessen nicht an Koch verloren. Aber nur dann, wenn sich die hessische SPD von ihren politischen Selbstmordkandidaten und ihren Linke-Phobikern endgültig trennt und im Wahlkampf glaubhaft machen kann, dass die Hessen-SPD nicht die Facelift-Variante der CDU oder FDP ist, sondern unbeirrbar an ihrem Programm gegen das Desaster der CDU-Bildungspolitik und für den Anfang einer ökologischen Energiepolitik festhält. MARTIN STOCKER, Stuttgart