cebit von FANNY MÜLLER
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Wie bitte? Ich soll w a s? – Zur Cebit? Das fehlte noch! Das kann man sich doch vorstellen, was da abgeht. Riesige, scheußliche kalte Hallen, rappelvoll mit grauen Kästen und grauen Leuten – Männern –, die man zu Hause mit dem Arsch nicht angucken würde: Herren in blauen Anzügen, die sich Apparate vorführen lassen, mit denen sie ihren Status in der Firma hoffen aufbessern zu können; lebensuntüchtige Mittvierziger aus der ersten Freakgeneration mit zu langen Haaren, die rumschleichen und sich gegenseitig mit Fachbegriffen totschlagen sowie schmalbrüstige Jünglinge der zweiten Generation, mit Hautproblemen, weil sie noch nie das Tageslicht erblickt haben, die dasselbe machen. Und dann ich, die ich mit Vorliebe Fragen wie „Wozu ist denn dieser komische Knopf da?“ stelle. Vermutlich würde ich gelyncht werden. Aber Fachwörter kann ich mir einfach nicht merken. standardkomponentenbasierte Architektur – was das wohl sein soll! Oder Flachbettscanner – wer denkt da nicht an Dünnbrettbohrer? Webhosting-Lösungen, Sprachtelefonie, Megapixelkameras … Bis auf „Download“ würde ich solche Begriffe nie benutzen; ich finde immer, dass „Ich habe mir was runtergeladen“ sich irgendwie anstößig anhört, auch wenn Damen das sagen. Die Jungs, die wirklich was von dem ganzen Kram verstehen, sind selbstverständlich nicht zugelassen: Eintritt ist erst ab 15 Jahre.

Überhaupt weiß ich nicht, wieso wegen Computern so ein Bohei gemacht wird. Die sollen doch angeblich so was wie Haushaltsgeräte zur Arbeitserleichterung sein. Aber gibt es vielleicht Toaströstermessen oder Staubsaugermessen? Fällt mir ein: Solche Geräte sollen demnächst übers Internet oder was weiß ich bedienbar sein. Ist ja auch furchtbar praktisch, dass man die Waschmaschine zu Hause die Teppiche waschen lässt, während man in Mallorca gerade einen Eimer Sangria platt macht.

Büro, sagen Sie? Die Arbeit im Büro wird verbilligt? Durch Spracherkennungssoftware seien Schreibkräfte nicht mehr nötig? Der Chef diktiert gleich in den PC? Wer’s glaubt! In meiner langen Laufbahn als Sekretärin habe ich nicht einen einzigen Chef erlebt, der anständig diktieren konnte. Ich war es dann, die das ganze Zeugs in ein vernünftiges Deutsch übersetzen musste. Ob das ein Computer kann, möchte ich mal bezweifeln. Sollte das eines Tages der Fall sein, dann –Vorschlag – kann auch gleich der Chef eingespart werden.

Ich weiß schon, was Sie jetzt wieder einwerfen wollen: „Worldwide“ und Rund-um-die-Uhr-Kommunikation mit der neuen Telefondingsbumskarte. So was wird auf der Messe vorgeführt. Tag und Nacht kann ich von überallher angerufen werden, egal wo ich mich gerade aufhalte. Mal ganz abgesehen davon, dass ich das eventuell nicht möchte, frage ich Sie, ob Sie und ich wirklich zu dem kleinen Personenkreis gehören, den man tatsächlich immerzu dringend an die Strippe, oder wie das jetzt heißt, kriegen muss. Sind wir vielleicht Bush? Oder Bill Gates? Oder Waffenhändler? Oder Mitglied eines internationalen Rauschgiftringes oder – last but not least – Callgirl?