Kriegsrekorde an den Börsen

Aktienindizes fallen immer weiter und gefährden langsam, aber sicher Banken und Versicherungen. Japanischer Index auf 20-Jahres-Tief, Londoner und Frankfurter Börse seit sieben Jahren nicht mehr so niedrig. Konjunkturaussichten: immer mauer

von MARIA KLEINSCHROTH

Krieg, Konjunktur, Krieg, Konjunktur – wie beim Gänseblümchenzupfen wechseln derzeit täglich die Gründe, warum die Aktienindizes weltweit in den Keller gehen. Am Montag gaben die Leitbörsen der USA erst einmal die Richtung nach unten vor. Die Gerüchte über einen baldigen Fang Ussama Bin Ladens waren schnell verpufft, die harte Wirklichkeit hielt Einzug. Weniger Beschäftigte in den US-Statistiken trieben den Dow-Jones-Index der 30 größten Industriewerte bis auf die 7.500-Punkte-Marke herab. Und immer die Unsicherheit, ob die US-Boys nun endlich loslegen dürfen im Irak und ob sich Saddam so wenig wehren kann wie gehofft.

Dazu kam noch eine seltene Warnung eines Mitgliedes des Zentralbankrates, William Poole. Der Kollege von Alan Greenspan warnte, das die beiden großen Hypothekenbanken des Landes Probleme mit ihren kurzfristigen Verbindlichkeiten bekommen könnten. In diesem Fall seien der Finanzsektor und die gesamte Wirtschaft in Gefahr. Schließlich finanzieren viele Amerikaner ihre Häuschen über genau diese beiden vom Staat unterstützten Firmen Fannie Mae und Freddie Mac.

Schwierigkeiten in der wichtigen Finanzbranche sehen auch europäische Börsianer. Wenn die Kurse immer weiter sinken, sinken auch die Rücklagen der Lebensversicherungen samt der Besitztümer der Banken und konzerneigenen Pensionsfonds quer durch alle Sparten der Wirtschaft. Dann müssen die Firmen Geld für die Renten ihrer Beschäftigten nachschießen, was von den flüssigen Mitteln abgeht, die Aussichten verschlechtert und damit den Börsenkurs drückt. Und neue Kredite für die Finanzierung gibt es immer zögerlicher, weil ja die Reserven im Finanzsektor schwinden. Eine Teufelsspirale, die vielleicht gar nicht eintritt. Aber in unsicheren Zeiten kann man ja vorsichtshalber mal zittern und ein paar Aktien verkaufen.

In London und Frankfurt ging es denn auch schon am Montag auf Sieben-Jahres-Tiefs. Und der DAX erholte sich gestern nicht etwa, sondern sank noch ein wenig weiter, sogar unter 2.300 Punkte. Am Nachmittag stieg er dann wieder leicht über diese Marke. Zum Jahresanfang standen die 30 größten deutschen Werte noch bei 3.000 Punkten.

Den Vogel schoss jedoch die Börse in Tokio ab. Der dortigeNikkei-Index fiel gestern gleich weit unter 8.000 Punkte und damit auf ein 20-Jahres-Tief. Gründe waren der Krieg und die verzweifelte japanische Regierung, die wieder einmal keine wirksamen Schritte zur Belebung der Konjunktur vorweisen konnte. Hier wartet ja am Freitag auch eine Aufgabe auf Bundeskanzler Gerhard Schröder. Vor seiner geplanten großen Ruckrede im Bundestag sind jedoch inzwischen die Erwartungen so hochgeschraubt, dass von Börsianerseite her eigentlich nur noch Enttäuschung möglich ist.

Richtig optimistisch sieht es nur an der Kuwait Stock Exchange aus. Dort träumt man inzwischen von einem Nachkriegsboom, wenn endlich der böse Nachbar Saddam Hussein verschwunden ist.