berliner szenen Aufstand im KaDeWe

Wo die Puppen tanzen

Tröstlich, dass solche Irrtümer auch anderen passieren. Karin Graf, Berlins vife Literaturagentin, meinte mich dem Geschäftsführer des KaDeWe, Patrice Wagner, vorzustellen. Als der einen kleinen Plausch begann, in dem er sich über die frühen Schlusszeiten des Traditionskaufhauses wunderte, wunderte das dann wiederum Karin Graf.

Der wahre Patrice Wagner wunderte sich derweil über den „Aufstand der Schaufensterpuppen“, den Jean-Luc Courcoult und die Compagnie Royale de Luxe in seinen Auslagen angezettelt hatte. Das heißt, er freute sich sichtlich über die Kooperation mit den Berliner Festspielen, dank der diese Produktion der „Spielzeit Europa“ in sein Haus kam. Royale de Luxe machen seit 30 Jahren spektakuläres Straßentheater und haben jetzt in Berlin die Schaufenster des KaDeWe von edler Mode und anderen Luxuswaren leergeräumt. Der drollige, immer ein wenig prollige Charme dieser Performancekunst, die darin liegt, vollkommen unvorbereitete Leute von der Straße sofort packen und in die Szenen hineinziehen zu können, steht dem KaDeWe ausgesprochen gut.

Ja, es zeigt sich in der wilden „Nonstop-Installation“, die in zehn Fenstern eine je eigenständige – und jede Nacht weiter fortgesponnene – Geschichte erzählt, sogar selbstironisch. Dann steht ein fetter Bassett-Hund im Fenster, auf dessen Rücken ein Plastikbaguette, drei fette, billige Würste, eine teure Flasche Wein und ein Besteckset festgeschnallt sind, und daneben liest man: „Imbisspaket 230,- Euro“. Die auch mal gruseligen Szenen erzählen eben keinen Alb-, sondern einen irritierend-unterhaltsamen Halbtraum, wie der wahre Patrice Wagner mit seinem französischen Akzent so nett sagte.

BRIGITTE WERNEBURG