Allzeit bereit für eine längere Arbeitszeit

Die Metall-Arbeitgeber legen heute im traditionellen Pilotbezirk Baden-Württemberg erstmals ein Angebot vor

BÖBLINGEN taz ■ „Stolz“ würde Frank Stroh nicht sagen. Aber „selbstbewusst“ seien sie schon, die Metaller im Südwesten. Der Sprecher der IG Metall Baden-Württemberg würde auch nie den Pilotabschluss in der Metall- und Elektroindustrie für sich beanspruchen, aber eine „aktive Rolle“ wollen die Baden-Württemberger natürlich schon spielen. Das, sagt Stroh, sei „schwäbisches Understatement“.

Längst konzentrieren sich die Tarifverhandlungen auf den traditionellen Pilotbezirk. Oben auf der Tagesordnung steht das Thema Arbeitszeit. Die Arbeitgeber wollen der IG Metall heute in Böblingen „ein komplettes Lösungspaket aus Arbeitszeitvolumen, Entgelt und Laufzeit“ unterbreiten, wie Gesamtmetall-Präsident Martin Kannegiesser angekündigt hatte.

Die nächste Runde im Südwesten ist schon auf den 27. Januar terminiert. Der niedersächsische Arbeitgeberverband hat dafür extra seinen eigenen Verhandlungstermin platzen lassen, um vor Ort zu sein. „In Baden-Württemberg ist es bisher zügig voran gegangen: Es gibt auch keinen Grund, sich viel Zeit zu lassen“, sagte Gesamtmetall-Geschäftsführer Hans Werner Busch gegenüber der taz.

Bei Löhnen und Laufzeit sind die Positionen klar: Die Arbeitgeber wollen höchstens 1,4 Prozent mehr bezahlen bei einer Laufzeit von mindestens 24 Monaten, die Gewerkschaft will 4 Prozent mehr Lohn bei einer kürzeren Laufzeit. Kompliziert wird es bei der Arbeitszeit. Das Angebot wird „die notwendige Erweiterung betrieblicher Gestaltungsspielräume beim Arbeitszeitvolumen“ vorsehen, erklärte Kannegiesser. Nach seinem Willen soll es einen Arbeitszeitkorridor zwischen 35 und 40 Wochenstunden geben, den die Firmenchefs einzig mit den Betriebsräten und nicht mit Zustimmung der Tarifvertragsparteien aushandeln. Die Betriebsparteien verhandeln auch über die Entlohnung von Mehrarbeit: Im Falle einer „mittelfristigen Kostenproblematik“ eines Unternehmens, so die Forderung, soll die Mehrarbeit nur teilweise oder sogar überhaupt nicht entlohnt werden. Die IG Metall erteilt dem Ansinnen der Arbeitgeber einen Korb.

Vermutlich werden beide Seiten auch darüber reden, ob der Hauptstreitpunkt Arbeitszeit von den Lohnverhandlungen abgekoppelt werden soll. Nach dem Beispiel der Tarifrunde 2002, in der sich Arbeitgeber und Gewerkschaften neben der Lohnrunde auf Eckpunkte für ein neues Entgeltsystem (ERA) verständigt hatten.

Sollten sich die Tarifparteien auf dieses Modell einigen, könnten sie im Südwesten an eine seit 2000 laufende Diskussion anknüpfen. Vor vier Jahren verpflichteten sich die baden-württembergischen Tarifparteien mit einer Protokollnotiz im Tarifvertrag, über die Flexibilisierung von Arbeitszeit zu verhandeln. Arbeitgeber und Gewerkschaft diskutieren seitdem neue Arbeitszeitmodelle, etwa ein flexibles Arbeitszeitkonto, mit dem die normale 35-Stunden-Woche um 150 Stunden pro Jahr über- oder unterschritten werden kann, sowie Lebensarbeitszeitkonten. Diese Verhandlungen stehen kurz vor dem Abschluss. THILO KNOTT