MIT KONTROLLMITTEILUNGEN LIESSE SICH VIEL ILLEGALES GELD AUFSPÜREN
: Datenschutz für Reiche

Finanzminister Hans Eichel ist schon wieder der Buhmann der Regierung. Diesmal stört seine Idee, Kontrollmitteilungen einzuführen. Mit ihnen ließe sich die Steuerehrlichkeit von Kapitalbesitzern ganz leicht überprüfen. Und zwar nicht nur bei den Zinserträgen – auch andere schwarze Einkünfte würden aufgespürt. Das bestreitet übrigens niemand. Auch die Gegner der Kontrollmitteilungen wissen, dass viel illegales Geld in Deutschland unterwegs ist. Doch sie fragen: Wie viel darf der Staat wissen? Darf es den „gläsernen Vermögenden“ geben? Nicht unwichtige Bedenken. Schließlich ist Datenschutz ein hohes Gut.

Aber es gibt doch zu denken, dass diese vehemente Verteidigung längst nicht für jeden gilt. Selbst der Datenschutz ist in Deutschland schon zu einer Klassenfrage geworden. Das zeigt sich nirgends besser als bei der CDU. Einerseits ist sie strikt gegen die Kontrollmitteilungen und droht, sie spätestens im Bundesrat zu stoppen. Aber als Hamburger Regierungspartei hatte die Union kürzlich nichts dagegen, die Daten von Sozialhilfeempfängern in der Hansestadt minutiös überprüfen zu lassen. Das Ergebnis war enttäuschend, jedenfalls für die Union: Es gab kaum Missbrauch! 97,6 Prozent der Menschen hatten die staatlichen Hilfen zu Recht beantragt.

Armut in Deutschland ist also real. Aber das will die Hamburger CDU nicht glauben: Sie ignorierte einfach die Ergebnisse der Studie, die sie selbst in Auftrag gegeben hatte, und kündigte an, diese Tests regelmäßig zu wiederholen. Auch andere Bundesländer überlegen schon heftig, ob sie dem Beispiel folgen sollten. Datenschutz? Aber nicht doch, das ist ein Privileg für Reiche.

Das ist kein Wunder: Gegen Kontrolle wehrt sich nur, wer etwas zu verlieren hat. Sozialhilfeempfänger nehmen also die Invasion in ihre Intimsphäre klaglos hin. Aber bei den Vermögenden geht’s um Milliarden. Und zu den Kapitalbesitzern zählen sich viele, auch Teile des Mittelstands. Sie alle mobilisieren die Parteien. Für die „neue Mitte“ ist der Datenschutz nicht nur ein ideeller Wert, sondern ein geldwerter Vorteil. ULRIKE HERRMANN