Katholische Kirche will Homos loswerden

Die katholische Kirche duldet zwar stillschweigend Homosexualität. Schwulen und lesbischen Angestellten, die sich offiziell als Lebensgemeinschaften eintragen, wird jedoch mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen gedroht

RUHR taz ■ Die verfassungsrechtliche Anerkennung von homosexuellen Lebensgemeinschaften berührt die konservative Haltung der katholischen Kirche auch im Ruhrgebiet nicht: Gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften „lassen sich nicht mit Ehen gleichstellen“ heißt es in einem Schreiben der Bischofskonferenz vom Juli 2003. Das hat Auswirkungen auf die Angestellten: Die Kirche duldet zwar Homosexualität, droht aber MitarbeiterInnen mit Kündigungen, die sich in einer gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaft eintragen lassen wollen.

„Die Menschen wissen bei ihrer Anstellung, dass sie nicht gegen die kirchliche Grundordnung verstoßen dürfen“, verteidigt der Sprecher des Bistum Münsters, Markus Hagemann, die Haltung der katholischen Kirche. Für seine Prägung könne man nichts, so Hagemann, „aber man muss es ja nicht aktiv nach außen tragen.“ Außerdem sei das Thema nicht wirklich der Rede wert, im Raum Münster sei kein Fall von Kündigung bekannt. Kein Wunder: Die meisten Schwulen und Lesben hüten sich davor, sich öffentlich einzutragen, zumal das Meldegesetz die Meldebehörde dazu verpflichtet, den Arbeitgeber über eine eingetragene Lebenspartnerschaft zu informieren. „Wir fordern eine Streichung dieses Paragraphen“, sagt Gabriele Meixner, Leiterin der Bundesgeschäftsstelle des Lesben- und Schwulenverbands Deutschlands (LSVD).

Bundesweit und auch in NRW haben vergangenen Sonntag der LSVD zusammen mit der Dienstleistungsgewerkschaft verdi gegen die Diskriminierung durch die Kirche protestiert. Sie forderte die Bischofskonferenz auf, ihre Kündigungsandrohung zurückzunehmen. „Gegen uns wird in der katholischen Kirche regelrecht Hetze betrieben“, so Meixner vom LSVD. „Die Bischofskonferenz fordert sogar christliche Politiker auf, gegen die Gleichstellung der homosexuellen Lebensgemeinschaften mit der Ehe zu stimmen“. Auch wäre es der katholischen Kirche zu verdanken, dass das Adoptionsrecht aus der Gleichstellungsdiskussion herausgefallen sei, so Meixner.

Spannend wird es, wenn demnächst die Antidiskriminierungsrichtlinie der EU in deutsches Recht umgesetzt wird, so ein Sprecher von verdi. Dann werde es für die Kirchen schwieriger, sich auf ihr Selbstbestimmungsrecht in diesem Punkt zu berufen. Das glaubt der Sprecher des Erzbistums Essen, Ulrich Lothar, nicht. „Das Recht, über das Personal zu bestimmen, wird höchstwahrscheinlich von der EU-Richtlinie unberührt bleiben.“ Außerdem seien die katholischen sozialen Träger ohnehin zunehmend in GmbHs umgemünzt worden und dort würde nicht mehr in vollem Umfang die Kirchenordnung eingehalten. Das machen die sozialen Träger im eigenen Interesse, weiß der Münsteraner Oliver Kordes, bis vor kurzem in der ökumenischen Arbeitsgemeinschaft Homosexualität und Kirche (HuK) aktiv. „Wenn die Kirche alle homosexuellen Krankenpfleger- und schwestern bei ihrem Outing entlassen würde, schnitte sie sich bei der ohnehin knappen Personaldecke ins eigene Fleisch.“

NATALIE WIESMANN