Rentner sollen Zivildienst leisten

Zivildienst wird um einen Monat verkürzt. Statt sozialem Pflichtjahr empfiehlt Kommission nur Freiwilligendienste. Bessere Chancen auf Studienplätze als Anreiz

BERLIN taz ■ Falls der Zivildienst abgeschafft wird, sollen auch Rentner die Zivildienstleistenden ersetzen. Eine Regierungskommission rät dazu, bei den neuen Freiwilligendiensten „der Zielgruppe der älteren Menschen besondere Beachtung zu schenken“. Das geht aus einem Bericht hervor, den die Kommission „Impulse für die Zivilgesellschaft“ gestern in Berlin an Familienministerin Renate Schmidt (SPD) übergeben hat.

Schon im Oktober könnte der Zivildienst von zehn auf neun Monate verkürzt werden. Falls die Wehrpflicht ganz abgeschafft werden sollte, sollen Freiwillige an die Stelle der Zivis treten. Familienministerin Schmidt hält dies frühestens 2010 für möglich. In der Alten- und Behindertenpflege könnte es dann zu enormen Engpässen kommen – immerhin arbeiten derzeit fast 93.000 junge Männer als Zivis in sozialen Einrichtungen.

Um einen Notstand zu vermeiden, will die Kommission freiwillige soziale Arbeit attraktiver machen. So sollen junge Freiwillige bevorzugt Studien- und Ausbildungsplätze bekommen. Auch bei Einstellungen und Beförderungen im öffentlichen Dienst und in der Privatwirtschaft soll sich freiwilliges Engagement künftig auszahlen. Ein soziales Pflichtjahr lehnt die Kommission aber ab. Es verstoße gegen Verfassung und Völkerrecht. Die freiwillige Tätigkeit soll mindestens drei Monate und höchstens zwei Jahre dauern.

Die Vize-Fraktionschefin der Union, Maria Böhmer, fürchtet einen Verlust an „Zuwendung und menschlicher Nähe“, wenn der Zivildienst fällt. „Der Ausstieg aus dem Zivildienst ist machbar“, meint demgegenüber die FDP-Abgeordnete Ina Lenke. Sie sieht in den sozialen Diensten „eine Branche mit überdurchschnittlichen Wachstumspotenzialen“. Auch die jugendpolitische Sprecherin der Grünen, Jutta Dümpe-Krüger, will die Zivildienststellen in 60.000 Arbeitsplätze umwandeln. Der CDU-Bundestagsabgeordnete Thomas Rachel warnt dagegen vor hohen Kosten: Andere Modelle seien „in jedem Fall teurer als die bisherige Lösung“. Auf eine Aufstockung der Gelder für das soziale Jahr aber konnte sich die Kommission nicht einigen – die Finanzminister von Bund und Ländern lehnten den Vorschlag ab. ANDREAS SPANNBAUER