Vorwurf der Folter

Der Direktor der verbotenen baskischen Zeitung „Egunkaria“ behauptet, misshandelt worden zu sein

MADRID taz ■ Die Vorwürfe wiegen schwer. Der Herausgeber der auf richterliche Anordnung hin geschlossenen baskischen Tageszeitung Egunkaria, Martxelo Otamendi, behauptet, gefoltert worden zu sein. „Wenn du weiter lügst, erschießen wir dich“, sei eine der Drohungen gewesen, die sich der Chef der einzigen baskischsprachigen Tageszeitung habe anhören müssen, während er stundenlang nackt stehen musste und zu Liegestützen gezwungen wurde. Außerdem sei ihm zweimal eine Plastiktüte übergestülpt worden, um Erstickungsanfälle zu provozieren.

Während er mit anhören musste, wie seine Mitgefangenen „windelweich geprügelt wurden“, hätten die Polizisten ihn gezwungen, zu schreien, dass Spanien von den Pyrenäen bis an die Meerenge von Gibraltar reiche, erklärte der Egunkaria-Herausgeber gegenüber dem größten spanischen Radiosender SER. Zu den Opfern dieser mutmaßlichen polizeilichen Schlagwut, die Otamendi geißelt, gehört Joan Mari Torrealdai, einer der angesehensten baskischen Sprachwissenschaftler. Torrealdai befindet sich weiterhin in Haft. Ein weiterer Mitgefangener aus dem Egunkaria-Aufsichtsrat versuchte vor zwei Tagen, sich das Leben zu nehmen.

Egunkaria wurde vor einer Woche auf Anweisung der Audiencia Nacional geschlossen. Juan de Olmo, Ermittlungsrichter am obersten Strafgerichtshof, ließ außerdem zehn Mitglieder des Aufsichtsrates der Zeitung verhaften. Fünf sitzen weiterhin in U-Haft, die anderen, unter ihnen Herausgeber Otamendi, wurden nach längeren Verhören freigelassen.

Den Verhafteten wird die „Zugehörigkeit und Zusammenarbeit mit der terroristischen Organisation ETA“ vorgeworfen. Trotz der ideologischen Nähe zu den Separatisten erfreute sich Egunkaria als einzige baskischsprachige Tageszeitung großer Beliebtheit. Anstatt die Foltervorwürfe zu untersuchen, drohte der spanische Justizminister Angel Acebes dem Egunkaria-Herausgeber: „Ich habe die Anweisung gegeben, rechtliche Schritte gegen diejenigen zu unternehmen, die diese falschen Anschuldigungen erhoben haben.“ REINER WANDLER