Initiativen verlieren Geduld mit der Duldung

„Hier geblieben“ – Flüchtlingsrat, Landeskirche und Flüchtlingsinitiative fordern Bleiberecht für Asylsuchende, die schon lange in Brandenburg leben

Seit elf Jahren leben José und Clara Ndualu in Brandenburg an der Havel. Jahrelang bestimmte der Status „Asylbewerber“ jeden Schritt des kongolesischen Flüchtlingsehepaares und seiner beiden in Deutschland geborenen Kinder. Gesetzliche Vorgaben wie das De-facto-Arbeitsverbot für Asylsuchende und die Residenzpflicht prägten den Alltag. Trotzdem gelang der Familie nach Ansicht ihrer deutschen Freunde die Integration. Damit ist es vorbei, seit die Ausländerbehörde Mitte Januar drohte, die Familie abzuschieben. Vier Wochen leben die Ndualus nun schon im Kirchenasyl der Brandenburger St.-Gotthardt-Gemeinde und hoffen auf eine Verhandlungslösung mit den Behörden.

Dass die Ndualus kein Einzelfall sind, machten gestern in Potsdam Vertreter der Brandenburger Flüchtlingsinitiative und ders Flüchtlingsrats deutlich. Dessen Geschäftsführerin Judith Gleitze erinnerte an mehrere vietnamesische Familien, die in den vergangenen Jahren erst durch Kirchenasyle und den darauf folgenden öffentlichen Druck eine Aufenthaltsgenehmigung erhielten, obwohl sie seit einem Jahrzehnt in Brandenburg gelebt hatten.

Mit einer speziell an die Potsdamer Landesregierung und Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) adressierten Kampagne unter dem Motto „Hier geblieben“ fordert der Flüchtlingsrat nun ein Bleiberecht für Asylsuchende mit dem Status der so genannten Duldung. Auch die evangelische Landeskirche unterstützt das Anliegen der Kampagne, die derzeit bundesweit von Pro Asyl koordiniert wird. Hanns Thomä-Venske, der Ausländerbeauftragte der Evangelischen Kirche in Berlin-Brandenburg, machte gestern darauf aufmerksam, dass Deutschland von einer solchen Bleiberechtsregelung profitieren würde. Zum einen würden Verwaltungsarbeit und -gelder gespart. Zum andern sollten gerade die neuen Bundesländer aus eigener Erfahrung wissen, wie wichtig es für die Gemeinschaft sei, dass sozial integrierte Menschen nicht weggehen, sondern hier bleiben.

Konkret fordern die Initiatoren eine sofortige unbürokratische und großzügige Bleiberechtsregelung insbesondere für Opfer rassistischer Angriffe und traumatisierte Flüchtlinge. Gleiches soll für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge gelten, die seit zwei Jahren in Deutschland leben, für Flüchtlingsfamilien mit dreijährigem Aufenthalt und für Alleinstehende, die seit fünf Jahren hier leben.

Rund 230.000 Asylsuchende mit dem Status „Duldung“ könnten bundesweit von diesen Forderungen profitieren, in Brandenburg sind es 1.695 Menschen. Gleitze kritisierte, dass auf die Ankündigungen seitens der Landesregierung, eine Härtefallregelung in Brandenburg einzuführen, „bislang keine Taten gefolgt seien“. HEIKE KLEFFNER