Hartz trifft MigrantInnen

Die Arbeitsmarktreformen bestrafen MigrantInnen doppelt: Sie können sich nicht mehr weiterbilden. Ohne einen Job werden ihre Aufenthaltsgenehmigungen nicht mehr verlängert. Zeitarbeitsfirmen zahlen zu wenig

RUHR taz ■ Dejan Stankovic hat einen serbischen Pass. „Ich sollte im Februar endlich eine unbefristete Aufenthaltsgenehmigung bekommen“, murmelt der junge Mann aus Düsseldorf. Das kann er jetzt vergessen. Denn Dejan Stankovic ging im Dezember zum Arbeitsamt, um Arbeitslosenhilfe zu beantragen. Bisher konnten Einwanderer eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis erhalten, auch wenn sie Arbeitslosenhilfe erhielten. Zumindest in den ersten sechs Monaten des Bezugs. Seit dem 1. Januar 2004 geht das nicht mehr. Im Zuge der dritten und vierten Stufe der Hartz-Reformen auf dem Arbeitsmarkt wurde diese Möglichkeit gestrichen.

Dejan Stankovic arbeitete noch vor einem Jahr bei einer Reinigungsfirma. Die ist pleite gegangen. Jetzt hat der 26-Jährige mit seiner Frau sogar eine kleine Tochter. Einen neuen Job hat er nicht. „Ich soll jetzt erst mal arbeiten und drei Lohnabrechnungen hinterlegen.“ Stankovic schüttelt den Kopf. Durch die Reformen würden Einwanderer doppelt bestraft. „Ich lebe seit fünfzehn Jahren in Deutschland, ich bin hier aufgewachsen. Vielleicht hole ich mir einen Anwalt dazu, ich will ja einen Job.“

Die Hartz-Reformen haben Folgen für arbeitslose MigrantInnen. Durch den angeordneten Sparkurs verringern die Arbeitsämter ihr Weiterbildungsangebot. In Düsseldorf hat die Behörde 2003 nur halb so viele Qualifizierungsmaßnahmen finanziert wie im Vorjahr. Neuerdings bezahlen die Arbeitsämter lediglich Weiterbildungskurse, bei denen sich mindestens 70 Prozent der Teilnehmenden danach nicht wieder arbeitslos melden. Vorher lag die Quote nur halb so hoch. Das trifft Migranten und Frauen härter, meint Carmen Tiedjen, zuständig für Migrationsfragen beim Landesbüro des Deutschen Gewerkschaftsbundes. Gerade bei diesen Gruppen würden die meisten nicht sofort nach einer Qualifizierungsmaßnahme in eine Arbeitsstelle übernommen. „Für Träger, die zielgruppenorientierte Weiterbildungsmaßnahmen anbieten, lohnt sich das nicht mehr“, glaubt Tiedjen.

Die Bundesregierung argumentiert, dass viele Weiterbildungen nutzlos waren. Auch für Theo Lienkamp, den Leiter der Arbeitsvermittlung in Düsseldorf, ist Weiterbildung nur noch “sinnvoll, wenn zum Beispiel ein Computerfachmann auf den neuesten Wissensstand gebracht wird“. Viele arbeitslose MigrantInnen haben aber niedrige Schulabschlüsse und oft keine Berufsausbildung. Die Arbeitsämter wollen solche Menschen nicht mehr weiterbilden. Es sei effizienter, solche Erwerbslose „anders in den Arbeitsmarkt zu integrieren, zum Beispiel durch verstärkte Vermittlung an Zeitarbeitsfirmen“, so Lienkamp. Die Hartzschen Reformen verschlechtern also die Aufstiegschancen für Zuwanderer.

Evangelos Papadopoulos aus Düsseldorf hat vom Arbeitsamt einen Zeitarbeitsjob vermittelt bekommen. Der 22-jährige Lagerarbeiter sollte als Maler im Flughafen tätig sein. Er rauft sich die Haare: „Auf Arbeitskleidung hat niemand geachtet. Ich habe da mit meiner Jeans gearbeitet und in Turnschuhen.“ Nun soll seit dem 1. Januar ein Langzeitarbeitsloser jeden legalen Job annehmen müssen, sonst wird die Leistung gekürzt. Evangelos Papadopoulos wird wütend, wenn er so was hört. Nur vier Monate hat er es bei der Leihfirma ausgehalten. Für die Knochenarbeit bekam er am Ende des Monats 600 Euro. „Die fest Angestellten hockten herum, während ich die Wände abkratzte. Du erledigst die Jobs für die anderen Firmen und bekommst kein Geld. Sechs Euro zehn brutto die Stunde – das ist Nichts!“

MILTIADIS OULIOS