Aus Fehlern lernen

Zehn Jahre nach dem „Pallas“-Unglück stellte der Landesbetrieb für Küstenschutz, Nationalpark und Meeresschutz vor, was man jetzt alles besser machen könne. Dazu gehört eine zentraler Krisenstab

Um im Katastrophenfall schneller handeln zu können, richteten Bund und Länder Anfang des Jahres 2003 das Havariekommando in Cuxhaven ein – dies war eine Antwort auf das „Pallas“-Unglück, bei dem es im Jahr 1998 nicht gelang, das in Brand geratene Schiff zu bergen. Das Havariekommando kümmert sich um „komplexe Schadenslagen“ in Nord- und Ostsee, indem es im Notfall das Kommando über alle landeseigenen Stellen übernimmt. So soll das Kompetenzgerangel bei der Gefahrenabwehr, etwa durch auslaufendes Öl und bei der Bergung von Seeleuten und havarierter Schiffe vermieden werden. EST

VON ESTHER GEIßLINGER

Tagelang trieb der Frachter führerlos auf der Nordsee: Bei schwerer See schafften es Schlepper nicht, die in Brand geratene „Pallas“ zu bergen. Der Frachter lief auf eine Sandbank, Öl floss aus. Zwar konnte ein Großteil des Treibstoffs abgepumpt werden, dennoch starben rund 15.000 Seevögel, 870 Tonnen Öl-Sand-Gemisch wurden von den Stränden von Amrum, Föhr und Sylt entfernt. Das Unglück gilt als bislang größte Ölkatastrophe im schleswig-holsteinischen Wattenmeer.

Am 29. Oktober 1998 lief der Holzfrachter „Pallas“ vor Amrum auf Grund. Pünktlich zum Jahrestag lud der „Landesbetrieb für Küstenschutz, Nationalpark und Meeresschutz“ in die Ölwehrhalle in Husum ein, um vorzustellen, was in den vergangenen Jahren geschehen ist, um einen Fall wie die „Pallas“ in Zukunft zu vermeiden.

Vor allem seien die Strukturen verbessert worden, betonte Johannes Oelerich, beim Landesbetrieb zuständig für Ölbekämpfung und Schadensabwehr. Damals scheiterte die Bergung nach Meinung der Kritiker nicht nur an Wind und Wellen, sondern auch am fehlerhaften Krisenmanagement der Behörden. Zahlreiche Stellen hatten mit dem Unglück zu tun, darunter der „Zentrale Meldekopf“ in Cuxhaven sowie „Sonderstellen zur Bekämpfung von Meeresverschmutzungen“ von Bund und Bundesländern. In der federführenden Einsatzgruppe wechselte während der Bergungsphase das Kommando von Niedersachsen zu Schleswig-Holstein.

Das alles sei Vergangenheit, sagte Oelerich. Statt der damals drei Umweltämter gibt es nun einen Krisenstab, der bei Gefahr in Husum zusammenkommt. Die Stelle ist rund um die Uhr über eine Notrufnummer zu erreichen. Vor fünf Jahren wurde das Havariekommando in Cuxhaven gegründet, das im Notfall Zugriff auf alle Schiffe hat. Zurzeit sind zwei neue Schlepper im Bau, einer davon soll die „Oceanic“ ersetzen, die bereits beim „Pallas“-Unglück eingesetzt wurde – nach Meinung von Kritikern, etwa von Greenpeace, allerdings zu spät. Mehr Gerät, mehr Personal, mehr Schiffe stünden zur Verfügung. Dazu zählen sechs bundeseigene Schlepper, sowie 26 Spezialschiffe für den küstennahen Einsatz. In Husum liegen unter anderem der Schlepper „Odin“, der die Ölfangbarke „Gröde“ zieht. „Das Schiff ist fertig ausgerüstet, früher mussten wir erst Tanks und Ausrüstung laden“, sagte Volker Pioch, zuständig für Ausrüstung.

Die Barke fährt in einen Ölteppich und nimmt Öl-Wassergemisch auf, das über Bürsten läuft, an denen fast nur das Öl hängen bleibt – das Schiff fasst 280 Tonnen Last. „Für uns besteht der eigentliche Fortschritt aber nicht in mehr Schleppkraft oder mehr Schiffen, sondern in den neuen Strukturen“, erklärte Bernd Scherer, Referatsleiter für Ölbekämpfung im zuständigen Landwirtschafts- und Küstenschutzministerium. Das Havariekommando könne im Ernstfall handeln und habe das bereits bewiesen.

Die Insel- und Hallig-Konferenz sieht das anders: „Kernpunkte der Empfehlungen der damals eingesetzten Grobecker-Kommission sind bis heute nicht umgesetzt worden.“ Wichtig bei der Gefahrenabwehr auf See sei „die Installation einer nationalen Küstenwache“. Bernd Scherer sieht das grundsätzlich auch so: Schleswig-Holstein habe sich für eine nationale Küstenwache eingesetzt und tue das weiterhin. „Das Konzept ist bisher am Föderalismus und vor allem an Bedenken aus Niedersachsen gescheitert.“ Dennoch: Dank des Havariekommandos seien „neun von zehn Schritten“ getan. Oelerich erklärte: „Wenn alles umgesetzt ist, was bisher beschlossen wurde, haben wir einen guten Stand erreicht und allen Forderungen entsprochen.“ Dazu zählt der Einsatz der neuen Schlepper. Einsatzfähig sind sie 2011.