Millionenprämien für ein „Ja“

Bei der Mannesmann-Übernahme sollen Vorstands- und Aufsichtsratschef gezielt auf die Bezahlung ihrer Zustimmung hingearbeitet haben. Staatsanwaltschaft: „schwere Untreue“. Dieser Vorwurf trifft auch die Abnicker im Kontrollgremium

aus Düsseldorf ELMAR KOK

Die Staatsanwaltschaft Düsseldorf wirft dem ehemaligen Vorstands- und dem früheren Aufsichtsratschef der Mannesmann AG, Klaus Esser und Joachim Funk, vor, die Übernahme des Unternehmens im Frühjahr 2000 zur persönlichen Bereicherung benutzt zu haben. Sie und die Aufsichtsratsmitglieder Josef Ackermann (Deutsche Bank), Klaus Zwickel (IG Metall) und Jürgen Ladberg (Exgesamtbetriebsratschef), die den Weg für die umstrittenen Zahlungen frei gemacht haben sollen, sind der schweren Untreue angeklagt. Dem ebenfalls angeklagten einstigen Personalvorstand Dieter Droste legt die Staatsanwaltschaft Beihilfe zur Untreue zur Last. Die Höchststrafe für Untreue in schweren Fällen beträgt zehn Jahre Haft. Oberstaatsanwalt Hans Reinhard Henke sprach gestern vom „Bezahlen einer Sinnesänderung“; Korruption im strafrechtlichen Sinne wollte er es nicht nennen.

Die Mannesmann AG war im Jahr 2000 nach monatelangem Abwehrkampf vom britischen Konkurrenten Vodafone übernommen worden, in dieser Zeit war der Aktienkurs des Unternehmens um über 50 Prozent gestiegen. Besonders Klaus Esser hatte sich zunächst gegen eine Übernahme stark gemacht, dann aber plötzlich eingelenkt.

Im Zuge dieser Sinnesänderung soll es laut Staatsanwaltschaft zu drei Straftaten gekommen sein. Esser, Funk und andere Führungskräfte sollen rechtswidrig so genannte Anerkennungsprämien kassiert haben. Außerdem hätten sie Alternativpensionen ausgehandelt. Nach Meinung der Staatsanwaltschaft sollten diese Zahlungen die vereinbarten Festpensionen aufstocken, die in der neuen Vadofone-Gesellschaft weitaus niedriger ausgefallen wären. Diese Zahlungen hätten zu Erhöhungen der Pensionen „um 100 Prozent und mehr geführt“, sagte Henke. Mindestschaden für das Unternehmen Mannesman: insgesamt bis zu 56,8 Millionen Euro.

Zur Durchsetzung der Prämien sollen Funk, Zwickel, Ackermann und Ladberg im Aufsichtsratsausschuss für Vorstandsangelegenheiten gekungelt haben. Esser und Funk, so der Verdacht, hätten die Verträge ausgearbeitet, die Zwickel und Ackermann dann mit abnickten bzw. durchgehen ließen. Dass die Verträge rechtswidrig waren, sollen auch sie gewusst haben. Tatmotiv sei die Begünstigung der beteiligten Personen gewesen.

Möglich wurde die Anklage, die mehr als 460 Seiten umfasst, auch durch Zeugen der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG, die bei Mannesmann arbeiteten. Auch Zwickel und Ladberg seien schon vernommen worden, sagte Henke. Für die Ermittlungen zum Verfahren, das frühestens in zwei Monaten beginnen soll, hat die Düsseldorfer Staatsanwaltschaft eigens einen Versicherungsmathematiker eingestellt. Die betroffenen Unternehmen hätten hervorragend kooperiert, sagt Henke, es habe keine Zwangsmaßnahmen wie Durchsuchungen gegeben. Neben den 31 Hauptakten hat die Staatsanwaltschaft dem Gericht noch 20 Umzugskartons mit Unterlagen zukommen lassen.