Dringend gesucht: Der Pantschen Lama

Tibetische Exilmönche suchen mit Hilfe einer Belohnung ihr von den chinesischen Behörden entführtes Oberhaupt

BERLIN taz ■ Im südindischen Exil lebende Mönche des tibetischen Klosters Tashilunpo bei Mysore haben eine Belohnung für Hinweise ausgesetzt, die über den Verbleib ihres Oberhaupts, den 11. Pantschen Lama, Auskunft geben. Der heute 14-jährige Gedun Choekyi Nyima wurde 1995 in Tibet entdeckt und von dem ebenfalls im indischen Exil lebenden Oberhaupt der Tibeter, dem Dalai Lama, offiziell als Wiedergeburt des 1989 verstorbenen 10. Pantschen Lamas anerkannt.

Kurz nach seiner Anerkennung als Pantschen Lama wurde Gedun Choekyi Nyima mit seiner Familie von Chinas Behörden an einen unbekannten Ort verschleppt. Seitdem gilt er als jüngster politischer Gefangener der Welt. Es fehlt von ihm und seinen Angehörigen jedes Lebenszeichen. China hat es bisher trotz internationalen Drucks abgelehnt, seinen Aufenthaltsort bekannt zu geben.

Ein Sprecher der jetzt gestarteten Kampagne, Glenn Freeman aus den USA, sagte der taz: „Nachdem bisherige Aktionen gescheitert sind von den chinesischen Behörden verlässliche Informationen über den Verbleib von Gedun Choekyi Nyima zu bekommen, hat sich die Zweigstelle des Tashilunpo-Klosters im indischen Exil dazu entschlossen, eine Belohnung für Hinweise darauf auszusetzen. Die Belohnung finanziert sich durch Spenden. Sie beläuft sich im Moment auf etwas mehr als 20.000 US-Dollar und wächst noch. Sobald durch die erhaltenen Hinweise mit dem Pantschen Lama ein Kontakt hergestellt werden kann, wird die Belohnung ausgezahlt.“

Der Pantschen Lama ist nach dem Dalai Lama die zweitwichtigste religiöse Person der Tibeter. Traditionell erkennt er die Wiedergeburt des nächsten Dalai Lamas an und übernimmt dessen spirituelle Ausbildung. Damit spielt er eine Schlüsselrolle und wohl genau deshalb hatte China kurz nach der Entführung von Gedun Choekyi Nyima selbst einen ihm genehmen Jungen zum Pantschen Lama küren lassen. Dieser Sohn regimefreundlicher Eltern wächst jetzt unter strenger Bewachung durch chinesische Behörden auf und wird vermutlich in Peking unterrichtet.

Viele Tibeter sehen ihn allerdings als Marionette an und vermuten, dass Peking mit ihm auf die Wahl des nächsten Dalai Lamas Einfluss nehmen will. Denn Peking möchte einen einen weiteren Dalai Lama, der auf internationaler Ebene auf das Tibetproblem aufmerksam macht, möglichst verhindern. Der jetzige Dalai Lama ist 68 Jahre alt.

RÜDIGER-PHILIPP RACKWITZ