Ohne Geld bleibt Elite ein Traum

Die Diskussion um Eliteuniversitäten betrifft auch die Humboldt-Uni: Sie gehört bundesweit zur Spitze. Aber ohne Geld kann sie ihr Niveau nicht halten – und schon gar nicht zur Weltspitze vorstoßen

VON SUSANNE AMANN

Wenn die Situation nicht so traurig wäre, würde sich Jürgen Mlynek, der Präsident der Humboldt-Universität (HU) wahrscheinlich vor Lachen auf die Schenkel klopfen. Da die Situation der Hochschulen momentan aber alles andere als witzig ist, kommt er wahrscheinlich nur aus dem Kopfschütteln nicht mehr heraus: Da endeckt der sozialdemokratische Bundeskanzler die Bildung wieder und macht sich stark für so genannte Eliteuniversitäten, zu denen laut ersten Gerüchten auch die Berliner Humboldt-Uni zählen soll. Gleichzeitig aber kürzt das SPD-regierte Land Berlin ebenjener „Spitzenuni in spe“ so drastisch die Mittel, dass von 380 Professorenstellen 90 gestrichen werden müssen.

Was absurd klingt, kann für die HU durchaus existenziell wichtig werden. Denn noch liegt sie in einem bundesweiten Ranking des „Centrums für Hochschulentwicklung“ (CHE) auf Platz zwei der deutschen Universitäten. Nur die Ludwig-Maximilians-Universität in München schneidet im Vergleich noch besser ab. Gleich neun der zwölf an der HU vertretenen und in der Studie untersuchten Fächer wurden als „forschungsstark“ klassifiziert, was einem Anteil von 75 Prozent entspricht. Die Freie Universität (FU) kommt mit sechs von dreizehn Fächern nur auf rund 46 Prozent. Als forschungsstark werden die Fächer eingestuft, die in den Bereichen Drittmittel, Publikationen und Promotionen Spitzenleistungen bringen.

An der HU sind das laut CHE-Ranking Erziehungswissenschaften, Germanistik, Geschichte, Jura, Psychologie, Soziologie, VWL, Biologie und Physik. Trotz dieser guten Bewertung will man sich an der HU allerdings nicht darauf einlassen, aus diesen Fachbereichen einzelne zu internationalen Spitzenfakultäten zu machen. „Wir sind dabei, die Schwächen der drei Fächer zu analysieren, die nicht so gut abgeschlossen haben, um auch mit diesen in Zukunft Spitzenwerte zu erreichen“, so Susanne Morgner, Sprecherin der HU.

Klar ist dabei aber auch, dass die HU trotz des guten Rankings in Deutschland noch lange nicht mit den Spitzenuniversitäten in den USA oder Kanada konkurrieren kann. „Dafür fehlt uns schlicht und einfach das Geld“, so Morgner. Denn vom Geld hängt nicht nur die Sanierung der Uni-Gebäude ab, für die HU-Präsident Mlynek allein mehrere hundert Millionen Euro veranschlagt, sondern auch der Rest der universitären Infrastruktur, wie etwa die Ausstattung der Bibliotheken. „Im Vergleich mit kleineren deutschen Universitäten stehen wir zwar vielleicht ganz gut da. Aber neben den internationalen Spitzenunis ist unsere Ausstattung katastrophal.“ Dazu kommt, dass sich auch das zahlenmäßige Verhältnis von Professoren und Studenten in den letzten Jahren nicht gerade positiv verändert hat: Kamen 1995 auf einen Professor noch 85 Studenten, sind es heute 125. In der amerikanischen Eliteuniversität Harvard kommen auf einen Professor zwei Studenten.

Und: Mit wenig Geld sind die erstklassigen Wissenschaftler nicht nach Berlin zu locken, gute Rankings hin oder her. „Bereits jetzt leidet die HU im Ausland unter dem Ruf, keine finanzielle Planungssicherheit für Wissenschaftler bieten zu können“, sagt Präsident Mlynek. „Das ist ein großer Wettbewerbsnachteil.“ Deshalb fordert Mlynek ein Ende der Unterfinanzierung seiner Hochschule: „Die Diskussion über Eliteuniversitäten bleibt eine Luftnummer, wenn nicht gleichzeitig über finanzielle Unterstützung geredet wird.“

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