Kommentar: Das Ende der SPD-Bildungspolitik
: Illusion und Desorientierung

Die Schaffung einer breiten Hochschullandschaft – das ist die große, die historische Leistung der nordrhein-westfälischen Sozialdemokraten. Früh hat die SPD die Konsequenzen aus dem Ende der Industriegesellschaft gezogen, auf Bildung als Ressource der Dienstleistungsgesellschaft gesetzt – und die Universitäten zu den Menschen gebracht. Im Ruhrgebiet, wo der Kaiser keine Kasernen, keine Universitäten brauchte, wo die Menschen arbeiten sollten, stampften die Sozialdemokraten vier Universitäten aus dem Boden. Das Ziel: Auch Kinder aus sozial schwachen Familien, die sich ein Studium außerhalb nicht leisten konnten, sollten Zugang zu akademischer Bildung erhalten.

Heute scheint dies alles vergessen – zumindest auf Bundesebene. Die Zuwendung der SPD hin zum Elitegedanken ist völlig unausgegorenen – nicht einmal die Zahl der zu schaffenden Vorzeigeuniversitäten steht fest. Schlimmer noch: Schlaglichtartig zeigt der Plan die völlige Desorientierung der derzeitigen SPD-Führung, die völlige Abkopplung von ihrer Wählerschaft. SPD-General Scholz läuft wie Kanzler Schröder der Illusion eines vermeintlichen Zeitgeists hinterher, den weder Stammwähler noch SPD-wahlende Aufsteiger schätzen: Ein Großteil der Hochschullehrer und Studenten lehnt die mit dem Elitegedanken verbundenen Einschnitte für die breite Hochschullandschaft des Landes ab. Die NRWSPD sollte den Scholzschen Irrweg mit aller Macht bekämpfen – sonst gehen nach den Stammwählern bald auch die sozial sensiblen Aufsteiger verloren. ANDREAS WYPUTTA