Die Geschmäcker sind schon im Speicher

Touristen aus Europa sind den USA längst bestens bekannt. Bald sollen sie ohnehin nur mit dem Fingerabdruck im Pass verreisen

BERLIN taz ■ Zwar sind urlaubende EU-Bürger von den neuen Einreiseregeln in den USA zunächst einmal nicht betroffen. Das heißt aber nicht, dass es reicht, mit dem guten alten Reisepass zu wedeln, und schon ist man in Amerika ungeprüft willkommen.

Offen ist etwa noch die Frage, ob es den europäischen Datenschützern gelingen wird, den Zugriff der US-Behörden auf die Passagierdaten einzuschränken. Die EU-Kommission hatte vor Weihnachten herausposaunt, dass es nun ein Einvernehmen mit den USA gebe, wonach die USA sich nicht mehr nach Gutdünken aus den Buchungscomputern der Fluggesellschaften bedienen dürften. Man habe sich auf die Weitergabe von 34 Merkmalen eines Fluggastes – Name, Alter, Menü-Wünsche etwa – geeinigt, die nur 42 Monate lang aufbewahrt werden dürften.

Das reicht nicht, meinen jedoch deutsche Datenschützer. Eine Beschränkung auf zehn Daten pro Person und wenige Tage Speicherdauer verlangte Sachsen-Anhalts Landesbeauftragter Klaus-Rainer Kalk. Der neue Bundesdatenschützer Peter Schaar erklärte, er werde in Brüssel versuchen, entsprechend Einfluss zu nehmen. Noch hat die Regelung nicht das Plazet des Europäischen Parlaments und der Mitgliedsstaaten.

Die USA saugen seit März 2003 alle verfügbaren Daten über Fluggäste ab. Fluglinien, die den Zugriff verweigern wollten, wurden Bußgelder von 6.000 Dollar pro Passagier angedroht – und dass ihre Flüge dann halt nicht landen dürften. Lufthansa-Sprecher Bernd Hoffmann erklärte der taz gestern, dass alle Passagiere bei der Flugbuchung gewarnt würden. Aber „wir haben keinerlei Veränderung im Reiseverhalten feststellen können“.

Auch ihren Fingerabdruck werden EU-Bürger vermutlich nicht mehr lange für sich behalten dürfen. Sowohl auf EU-Ebene als auch in Deutschland wurden schon die Weichen gestellt, zwei biometrische Merkmale in die Ausweispapiere aufzunehmen: Neben dem Fingerabdruck auch ein computerisiertes Gesichtsbild – man spricht hier von „Gesichtserkennung“. Bundesinnenminister Otto Schily und auch die Innen-und Justizminister der Länder haben bereits erklärt, dass diese beiden Merkmale geeignet seien, die Papiere von EU-Bürgern an die Sicherheitsanforderungen nach dem 11. September 2001 anzupassen. Hierin stimmen sie mit den US-Politikern auffällig überein.

Vor diesem Hintergrund ist die Einführung von Fingerabdrücken und Gesichtserkennung ab Mitte 2005 in die Visa von Menschen, die von außerhalb in die EU einreisen wollen, als eine Art Testlauf zu betrachten. Hierzu hat die EU-Kommission bereits im September 2003 einen Gesetzentwurf vorgelegt. Die Daten auf dem „Schengen-Visum mit Biometrie-Chip“ werden auch in eine zentrale Datenbank eingespeist, auf die alle Schengen-Länder Zugriff haben, um zu prüfen, welcher Antragsteller schon wo ein Visum beantragt hat.

„Gar nichts“ hält jedoch der Vorsitzende der Deutschen Vereinigung für Datenschutz, Thilo Weichert, von Fingerabdruck und Gesichtserkennung in Ausweispapieren. Wenn, dann sei anderen biometrischen Merkmalen der Vorzug zu geben: einem Scan der Iris etwa, der die bewusste Teilnahme des Betroffenen voraussetzt. Fingerabdrücke dagegen hinterlässt jeder überall und unbewusst. Stehen sie im Pass, fürchtet Weichert, „könnte die Polizei allzubald zwecks Strafverfolgung einen unbegrenzten Zugriff auf zentrale Datenbestände verlangen.“ ULRIKE WINKELMANN