press-schlag
: Der Bayern-Skandal fördert jede Menge weiterer Geheimverträge zutage

Nur die Spitze des Eisbergs

Große Empörung in der Bundesliga über den Geheimvertrag zwischen Leo und Uli. Klar. Würde sich jeder aufregen. Aber voll geheuchelt isses trotzdem. Schließlich gibt es seit mindestens 1992 einen riesigen, supergeheimen Masterkontrakt, der weit mehr Rollen verteilt als nur die des Liga-Arschlochs. Sie hängen alle mit drin.

So wurde Bayer Leverkusen – nachdem sie zuvor jahrelang für die undankbare Rolle des seelen- und erfolglosen Werksklubs bezahlt worden waren – im Jahr 2000 befördert und mit dem Drama „Die tragischen Helden“ beauftragt. Wegen einer unzulänglichen Besetzung (Berti Vogts) ging der Job zwischendurch für einen Gastauftritt an Schalke, aber seit der letzten Saison spielt Leverkusen den Part mit perfekter Dramaturgie: Das dreifache Straucheln kurz vorm Gipfel, ein (natürlich scheiternder) Sympathieträger als Trainer – und dann der totale Absturz bis zur Rettung am allerletzten Spieltag, an dem Leverkusen in Nürnberg siegen und den Club damit in die zweite Liga stoßen wird (womit gleichzeitig die 0:1-Niederlage gerächt wird, die Bayer im letzten Jahr den Titel kostete). Alles längst geregelt. Und nicht billig für die Drahtzieher. Umsonst macht Auge da nicht mit. Auch andere Rollen sind recht dauerhaft vergeben, so zum Beispiel die des zähen Ossis: Cottbus als ewiger Abstiegskandidat Nummer eins, der sich nach katastrophalem Start doch noch rettet, und die Rostocker Variante: Frühstart, dann schwächeln, schließlich 15. werden. Werder Bremen kassiert geheime Extraprämien, damit sie immer Fliegenfänger ins Tor stellen – und auch, damit Ailton zum 31. 12. 2002 die Rolle des brasilianischen Kugelblitzes, der nach langer, trauriger Heimwehphase endlich explodiert, an Alex Alves abtrat.

Die meisten Rollen werden jedoch aus Marketing-Gründen in jeder Spielzeit neu besetzt. Das gilt zum Beispiel für den jugendlichen germanischen Helden: Was im Vorjahr Metzelder und Klose waren, sind heuer Friedrich und Lauth. Auch den Typ „alter Haudegen in seinem letzten Frühling“ gibt jedes Jahr ein anderer: 2002 Häßler, 2003 Balakow, 2004 Bobic, 2005 Scholl, 2006 Kahn (…) 2011 Effenberg.

Manchmal geht aber auch was schief: Die Rolle des schnarrenden Unteroffiziers sollte nach Werner Lorants Abgang laut Geheimvertrag eigentlich Felix Magath übernehmen – aber der spielte einfach nicht mit, sondern wechselte ins Fach „Beliebtester Kindergärtner Deutschlands“. Das setzt sicher eine fette Konventionalstrafe.

OLIVER THOMAS DOMZALSKI