FDP holt sich Schützenhilfe

… und ließ ein Gutachten erstellen, das den Kündigungsschutz im öffentlichen Dienst als verfassungswidrig geißelt. Das Fazit: Neuer Senat könnte den Tarifvertrag kündigen

Für die Angestellten des öffentlichen Dienstes fängt das neue Jahr unsicher an. Auf jeden Fall, wenn sie dem Gutachten des Jura-Professors Klaus Adomeit vertrauen, das die FDP-Fraktion im Abgeordnetenhaus in Auftrag gegeben hat. Denn das kommt zu dem Schluss, dass der tarifliche Kündigungsschutz bis 2009, den der Senat im Sommer mit der Gewerkschaft Ver.di ausgehandelt hat, rechtswidrig sein könnte.

Der emeritierte Professor der Freien Universität und Arbeitsrechtler kritisiert darin, dass sich die beiden Tarifvertragsparteien – also der Senat und Ver.di – bei ihren Verhandlungen nicht in dem Ausmaß am Gemeinwohl orientiert hätten, wie es das Grundgesetz vorschreibt. Das heißt: Der Tarifvertrag mit seiner Beschäftigungsgarantie liegt vielleicht im Interesse des öffentlichen Dienstes, aber er dient nicht dem Gemeinwohl. Dabei gehöre es, so Adomeit, zu den „Fundamentalnormen“ des Grundgesetzes, dass sich Bund und Länder zum Beispiel in der Haushaltspolitik an den Notwendigkeiten des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts orientierten. Deshalb müssten sie etwa ihre Schulden begrenzen.

Das, so Adomeit, versuche der Berliner Senat zwar auf anderen Gebieten. Aber: „Die Beschäftigungsgarantie wird zum Hemmnis für den Abbau im überbesetzten öffentlichen Dienst, der gleichzeitig durch die Absenkung von Arbeitszeit in seiner Leistungfähigkeit eingeschränkt wird“. Das sei besonders kritikwürdig, weil in Senatsgutachten festgestellt wurde, „wie sehr die Entwicklung der Ausgaben für Personalkosten Hauptgrund für die Haushaltslage des Landes Berlin ist“. Daher sei es widersprüchlich, wenn der Senat einerseits die Personalkosten senken wolle, andererseits aber eine Beschäftigungsgarantie bis 2009 vereinbare. Mit diesem Verhalten werde auch der Erfolg einer Klage vor dem Bundesverfassungsgericht auf Gewährung von Sanierungshilfen durch den Bund gefährdet.

Aus diesem Grund sei ein neuer Senat nicht an den Tarifvertrag gebunden, so das Fazit Adomeits. Wenn der amtierende Senat die Interessen des öffentlichen Dienstes über das Gemeinwohl stelle, müsse das nicht für eine neu gewählte Regierung gelten. Sie könne sich auf die Verfassungswidrigkeit des Vertrags und auf die stark eingeschränkten Gestaltungsmöglichkeiten zur Haushaltssanierung berufen – und den Vertrag kündigen.

Während FDP-Fraktionschef Martin Lindner ankündigte, er werde als Mitglied einer neuen Landesregierung genau das tun, reagierte man bei Ver.di gelassen auf das Gutachten. Es sei ein Hobby des Herrn Lindner, gegen den Vertrag zu wettern. Man selbst halte ihn aber in der abgeschlossenen Form für absolut rechtsgültig. SUSANNE AMANN