Nur Lippenlärm

Axel Brauns liest aus „Buntschatten und Fledermäuse“

„Omi war die Dachsmutter, sie wohnte in Barmbek: Besees. Oma war die Hahamutter, sie wohnte in Langenhorn: Wolkenkrem. Vergnügt rollte ich mich in den Keller, der mein bester Freund war, nahm Platz neben der Speisekammer und begann vor der Tür zum Heizungskeller zu lichteln.“

Geschrieben hat diese Zeilen der 39-jährige Schriftsteller und Autist Axel Brauns. In seinem Roman „Buntschatten und Fledermäuse“ hat er seine Kindheit und Jugend verarbeitet. Und das auf einzigartige Art und Weise: „Sobald ich die Augen schließe, kann ich mein Leben in Bildern abrufen und brauche sie nur noch aufzuschreiben.“

Brauns Bericht von der Wahrnehmung eines Dreijährigen ist voller Sprachschöpfungen: Baisers werden zu Besees, Quarkspeise zur Wolkenkrem, lichteln bedeutet, „in die Luft zu kucken und das Geflirre des Lichts zu genießen.“ Nur selten kann er Worten eine Bedeutung zuordnen, für ihn sind sie meist nur „Lippenlärm“.

Seiner Mutter verdankt Braun, dass er nicht in der Behindertenwerkstatt landete, sondern mit Nachhilfestunden gefördert wurde. „Ich habe Deutsch wie eine Fremdsprache gelernt“, sagte Brauns. Nach dem Abitur entschied er sich dafür, sein Leben aufzuschreiben. 17 Jahre hat er an „Buntschatten und Fledermäuse“ gearbeitet.

Mittlerweile hat sich das Buch über 30.000 mal verkauft. Brauns ist bekannt geworden. Für ihn ein zweischneidiges Schwert: „Ich habe die ‚Allein-Welt‘ geliebt und war mir selbst genug. Noch mit 19 habe ich gedacht: Ich bin normal und alle anderen haben einen Knall.“

Lutz Steinbrück

heute um 20 Uhr im Jungen Theater