Daten speichern für den Binnenmarkt erlaubt

Der Generalanwalt am Europäischen Gerichtshof hat keine Einwände gegen Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung

FREIBURG taz ■ Die EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung verstößt nicht gegen den EU-Vertrag. Zu diesem Schluss kam jetzt Yves Bot, der Generalanwalt am Europäischen Gerichtshof (EuGH). Meist folgt der EuGH den Empfehlungen des unabhängigen Generalanwalts.

Die EU-Richtlinie von 2006 verlangt von den EU-Mitgliedsstaaten die Einführung einer Zwangsspeicherung von Verbindungsdaten. Die Vorgabe wurde in Deutschland Ende 2007 per Gesetz umgesetzt. Seit Jahresbeginn müssen deshalb Telefon- und Internetfirmen sechs Monate lang speichern, wer mit wem wie lange telefoniert und wer wann im Internet gesurft hat. Gegen dieses Gesetz klagten 34.000 Personen beim Bundesverfassungsgericht, das im März per Eilbeschluss die Nutzung dieser Daten vorläufig beschränkte.

Beim EuGH geht es um die Frage, ob die EU-Vorgabe überhaupt rechtmäßig ist. Geklagt hatte Irland, das eine noch polizeifreundlichere EU-Vorgabe wollte. Es war im EU-Ministerrat überstimmt worden. Irland meint jedoch, dass für die Richtlinie ein einstimmiger Beschluss erforderlich gewesen wäre, denn die Vorratsdatenspeicherung betreffe die innere Sicherheit und nicht den Binnenmarkt.

Diese Ansicht lehnte Generanwalt Bot in seinem Schlussantrag nun ab. Die EU-Richtlinie habe versucht, Wettbewerbsverzerrungen im Telekom-Markt zu vermeiden. Schließlich hätten zuvor nur manche EU-Staaten ihren Telekom-Firmen die teure Pflicht zur Vorratsspeicherung auferlegt und auch das in unterschiedlichem Umfang. Bot räumte ein, dass die Speicherung eigentlich den Zweck habe, der Polizei Daten für die Aufklärung von Straftaten zu sichern. Sie sei dennoch keine polizeiliche Maßnahme, weil die Polizei erst im Verdachtsfall aufgrund anderer Normen auf die bei den Firmen gespeicherten Daten zugreifen könne.

Sollte der EuGH sich dem Generalanwalt anschließen, hätte dies Folgen für das Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht. Karlsruhe könnte dann das deutsche Umsetzungsgesetz nur prüfen, soweit es über die EU-Vorgaben hinausgeht. Falls Karlsruhe die EU-Vorgaben für grundrechtswidrig hält, müsste es den Fall dem EuGH zur Prüfung vorlegen. In der irischen Klage spielten die Grundrechte der Bürger keine Rolle. (Az: C-301-06) CHRISTIAN RATH