Ein Kommissar als Köhler-Konkurrent

Peter Sodann, 72, wird heute als Linken-Kandidat für die Bundespräsidentenwahl präsentiert. Falls nichts mehr dazwischenkommt. Wie 2005, als er seine Bewerbung für den Bundestag zurückzog FOTO: AP

Es ist ein bisschen wie zu Politbüro-Zeiten: Der Kandidat steht längst fest, aber offiziell ist erst mal gar nix. Halbamtlich eben. Wenn alles seinen sozialistischen Gang geht, präsentiert am heutigen Dienstag die Linkspartei ihren Kandidaten für das Amt des Bundespräsidenten. Und der soll – man ahnt es – Peter Sodann heißen.

Sodann sei „ganz sicher jemand, den man sich vorstellen kann“, hatte Dagmar Enkelmann, die Parlamentarische Geschäftsführerin der Linksfraktion, schon vor zwei Wochen gesagt. Der 72-jährige Schauspieler würde im Mai 2009 gegen Amtsinhaber Horst Köhler und die SPD-Bewerberin Gesine Schwan antreten. Dass er eine Chance hätte, mit seiner Frau Cornelia ins Schloss Bellevue einzuziehen, glaubt selbst bei wohlwollendster Betrachtung der Personalie natürlich niemand. Also, warum sollte er sich für die Linkspartei auseinandernehmen lassen?

Peter Sodanns Vita verläuft konstant quer zu den jeweiligen Verhältnissen. Er ist, man muss diese abgegriffene Formulierung gebrauchen, „ein Unbequemer“. Der Arbeitersohn aus Sachsen studierte nach seinem Schnellabitur zuerst Jura, später Schauspiel in Leipzig. Dort fiel er 1961 mit einem Kabarettprogramm in Ungnade und musste neun Monate ins Gefängnis. Nach seiner Haftentlassung 1962 hatte er sich in der Produktion zu bewähren, erst 1963 konnte er sein Studium fortsetzen. Danach holte ihn die Brecht-Witwe Helene Weigel in ihr künstlerisches Schutzgebiet ans Berliner Ensemble, wo er große Erfolge feierte.

In den 80er-Jahren ging der Vater von vier Kindern als Schauspieldirektor nach Halle. Dort etablierte er mit dem „neuen theater“ eine für DDR-Verhältnisse künstlerisch ambitionierte Spielstätte. Nach der Wende wurde er in Ost und West als mürrischer „Tatort“-Kommissar Bruno Ehrlicher bekannt.

Dass sein Herz für die Linkspartei schlägt, wurde erst offenbar, als er 2005 ankündigte, zur Bundestagswahl als deren Spitzenkandidat in Sachsen antreten zu wollen. Sein Arbeitgeber, der Mitteldeutsche Rundfunk, drohte daraufhin, Sodann im Falle eines Mandatsgewinns vom Sender zu nehmen. Mit der Bemerkung „lieber ein politischer Schauspieler als ein schauspielernder Politiker“ sein zu wollen, zog er die Bewerbung schließlich zurück.

Nun also, anderthalb Jahre nach dem letzten „Tatort“, die Kandidatur für das Bundespräsidentenamt. Man darf mutmaßen, dass es dem Hallenser einfach eine stille Freude wäre, stur und pointiert die Anfeindungen zu parieren, die ihm im Fall der Nominierung entgegenschlügen. So hielt er es ja immer: quer zu den Verhältnissen denken. Und entsprechend handeln. ANJA MAIER