Razzia soll Belege für Rechtsextremen-Verbot bringen

Die Polizei durchsuchte über 80 Immobilien der Heimattreuen Deutschen Jugend in mehreren Bundesländern

HAMBURG taz ■ In den frühen Morgenstunden des gestrigen Donnerstags begannen Polizeibeamte bundesweit über 80 Wohnungen und Büros von Funktionären der Heimattreuen Deutschen Jugend zu durchsuchen. Mit der Razzia will das Bundsministerium des Inneren Erkenntnisse für ein mögliches Verbot des rechtsextremen Vereins gewinnen. Die Durchsuchungen sollten Klarheit schaffen, „ob sich die HDJ in aggressiv-kämpferische Weise gegen die verfassungsmäßige Ordnung richtet und ihre Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderläuft“, erklärte Innenstaatssekretär August Hanning in Berlin.

Vor allem in den neuen Bundesländern liefen die vom Bundeskriminalamt koordinierten Razzien. In Mecklenburg-Vorpommern durchsuchten Beamte 17 Wohnungen und Büros, in Brandenburg weitere 15 Räumlichkeiten. Weitere Razzien gab es nach taz-Informationen in Berlin, Thüringen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Hamburg nach taz-Informationen. An die 100 Personen bekamen Besuch, darunter der Berliner NPD-Landesvorsitzende Jörg Hähnel und der Chef des NPD-Ordnungsdienstes, Manfred Börm aus Niedersachsen.

Seit 2001 will die HDJ bei Kinder und Jugendliche im Alter vom 7 bis 29 Jahren eine „volks- und heimattreue“ Einstellung verankern. Auf ihre Website heißt es: „Als junge Deutsche wollen wir nach unserer eigenen Art und unserem Wesen leben und wirken.“ Im Vereinsmagazin wurde HDJ-Chef Sebastian Räbiger deutlicher: „Wir brauchen Kämpfer von fanatischer Besessenheit.“

Erst vor zwei Jahren nahmen die Ermittlungsbehörden die HDJ als bundesweit agierende Organisation wahr – nachdem Journalisten auf Strukturen und Aktionen ständig hingewiesen hatten. 2007 erklärte das Innenministerium der taz noch: Die HDJ sei „formal“ nicht bundesweit aktiv. Längst fordern jedoch Politiker ein Verbot. Bereits vor Monaten stellten Grüne, Linkspartei und FDP im Bundestag entsprechende Anträge, in denen auch auf die personelle und politische Kontinuität zur „Wiking Jugend“ (WJ) hingewiesen wird. Die WJ wurde 1994 wegen Wesensverwandtschaft zur NSDAP und Hitler-Jugend verboten. Ersatzorganisationen sind ebenso untersagt.

Die Regierungskoalition arbeitet selbst an einen Verbotsantrag. In der nächsten Woche soll der Innenausschuss des Bundestags über die Anträge zur Prüfung eines HDJ-Verbotes beraten. ANDREAS SPEIT