Ein Kerner des Radios

Bayern3, das Chartsradio des BR, sendet seit Montag täglich Erstaunliches: eine einstündige Gesprächssendung

Es gelten einige Regeln im Radio, der Quote wegen. Etwa: Spiele keine Musik für Leute, die sich für Musik interessieren! Oder: Wortprogramm stinkt!

Ist dieses Credo überholt? Der BR-Chartssender Bayern3 jedenfalls füllt nun werktäglich um 19 Uhr eine Stunde mit einem Gespräch. „Mensch Otto“ (www.bayern3.de/mensch-otto) heißt die Sendung, in der Thorsten Otto mit einer Mafia-Expertin spricht oder einem früheren Manager, der in Mali Schulen baut. Bei der Premiere sprach er mit Weltrekordtaucher Benjamin Franz, der nach einem Tauchgang einen Schlaganfall erlitt. Es wurde ein aufschlussreiches, überraschend ausführliches Gespräch über die Faszination des Extremsports, den Körper und die Rückkehr ins Leben nach einem Schlaganfall.

Dass der Sender sich aber lobt, „andere“ würden „nur noch Schlauchboote verlosen und Häppchen-Journalismus anbieten“, ist etwas dreist. Andere? Merkwürdig, wenn ein Sender sich über sein Restprogramm erhebt. Richtig ist jedoch, dass das Format, wie Wellenchef Walter Schmich sich zitieren lässt, ein „für eine Massenwelle ungewöhnliches“ ist. Kann man also hören? Durchaus. Sollte man? So dringend, wie man auch Kerner nicht verpassen darf. RAA