Mit aller Macht entspannen

Eine kurzweilige Inszenierung um Sauna und Profilneurosen: „Die Herren der Erschöpfung“ verausgaben sich bei Marcel Weinands Thermenabend im Lichthof

Ein Name, wie er sprechender nicht sein könnte: Die Herren der Erschöpfung aus der Feder von Eva von Platen, am Freitag von Marcel Weinand im Lichthof zur Uraufführung gebracht. Den Untertitel, „Ein Thermenabend“, hat Regisseur und Bühnenbildner Weinand mit einer Sauna umgesetzt, Duschkabine, Bar und Fußdesinfektionsspray inklusive. Und wovon sind die männlichen Zeitgenossen erschöpft? Sie sitzen in der Sauna im Schweiße ihres Angesichts und versuchen, ihrer Probleme Herr zu werden. Für das Publikum bedeutet das anderthalb Stunden hintergründig-komische Unterhaltung. Und dafür muss man kein Saunagänger sein.

Eingenebelt von Aromadüften und Dampfwolken kommen fünf Männer nach und nach in die Therme. Zwar ist einer dicker, einer dünner, einer größer, einer kleiner, aber lediglich mit einem weißen Handtuch um die Hüften erscheinen sie einander ziemlich ähnlich. Genau das ist dann Grund dafür, dass die Herren reihenweise dem Profilierungszwang erliegen. Dabei kehren sie ihre Eitelkeiten und unfreiwillig ihre Unsicherheit heraus – und erzählen einander, was eigentlich keiner hören will. So hält etwa einer ungefragt die Bekenneransprache: „Ich habe Kontaktschwierigkeiten und Humor!“ Der andere ist unheilbar cholerisch: Je mehr von seiner Wut an den Saunakollegen abperlt, umso heftiger rastet er aus. Ein Dritter befürchtet, der Besuch beim Einwohnermeldeamt könnte schlecht für seine „Seelenhygiene“ sein. Er flüchtet stattdessen in ein enervierendes Mantra: „Ich fühle mich fest, geschmeidig und straff.“

Weinand hat aus dem tiefsinnig-witzigen Text eine kurzweilige Inszenierung gestaltet, die um Nähe, Distanz und Identität kreist. Das funktioniert auf der konkreten Ebene genauso wie auf der psychologischen: Jeder kennt den Horror vor einem Zuviel an Intimität, genauso wie sich jeder zugleich auch Gesellschaft wünscht. Besonders die bekannte Weisheit, dass erst Kleider Leute machen, bekommt im Thermen-Ambiente einen hübschen Dreh. Als die Herren unter Leitung des Saunawarts Sönke frei unter der Rubrik „Nacktheit“ assoziieren müssen, kommt es raus: Männer denken an Raubtiere – und fühlen sich schlecht. Ihnen fehlt einfach das dicke Fell. Weinands Ensemble verkörpert verschiedene Typen Mann, die doch alle vom Gleichen erschöpft sind: von sich selbst. Übel nehmen kann man es ihnen nicht. Liv Heidbüchel

nächste Vorstellungen: Freitag, 31. Januar bis Sonntag, 2. Februar, jeweils 20.15 Uhr, Lichthof, Mendelsohnstr. 15