Vogelfutter gegen das Weltwirtschaftsforum

Seit heute demonstrieren Globalisierungskritikergegen das Spitzentreffen der Weltwirtschaft in Davos

BASEL taz ■ „Noch nie dagewesene Sicherheitsmaßnahmen“, „so viele Polizisten wie noch nie“ – vor dem morgen in Davos beginnenden World Economic Forum (WEF) stehen die diesjährigen Superlative der Veranstaltung schon fest. Für die Sicherheit der etwa 2.000 Spitzenvertreter aus Wirtschaft und Politik in Davos – unter ihnen US-Außenminister Colin Powell und der neue brasilianische Präsident Luiz Inacio Lula da Silva – werden fast 15 Millionen Franken (etwa 10 Millionen Euro) ausgegeben.

Die Polizei schätzt, dass von den 10.000 GegendemonstrantInnen bis zu 1.000 als „gewaltbereit“ einzustufen sind. Doch ob es überhaupt zur am Samstag bewilligten Kundgebung kommt, ist derzeit offen. Stein des Anstoßes ist die so genannte Sicherheitsschleuse: Wenige Kilometer vor Davos sollen Personen, die bei früheren Antiglobalisierungsdemos als gewalttätig registriert wurden, vom Schauplatz fern gehalten werden. Die Demo-VeranstalterInnen, das „Oltner Bündnis“, bezeichnen diese Schleuse als „Kuh-Gatter“ und haben am Montag dagegen juristisch Einspruch eingeliegt. Blitzt die WEF-Opposition vor Gericht ab, drohen wilde Demos – was sowohl an der Schleuse in Davos als auch in Zürich zu unkontrollierten Szenen führen dürfte. Erste Störmanöver der Kritiker sind schon für heute angekündigt: zum Beispiel das Streuen von Vogelfutter auf dem Flughafen Zürich, um die heute beginnende Anreise der WEF-TeilnehmerInnen zu verzögern.

Auch wenn das diesjährige Treffen unter dem Motto „Vertrauen schaffen“ stattfindet – die Strategie der WEF-Verantwortlichen, KritikerInnen in Gesprächen einzubinden, droht zu scheitern. Ohnehin ist das erstmals von WEF-Seite organisierte „Open Forum“ von NGO nur spärlich angenommen worden, der Widerstand formiert sich in der Veranstaltungsreihe „The Public Eye on Davos“.

Erstmals kontrollieren während des gesamten WEF scharf bewaffnete F/A-18-Jets den Luftraum über der Veranstaltung und halten eine Sperrzone von 40 Kilometer Radius frei von „nicht kooperativen Flugobjekten“ – notfalls mit einem Abschuss, wie Verteidigungsminister Samuel Schmid erklärte. Auch Deutschland ist am Sicherheitskonzept beteiligt, sechs Wasserwerfer und 50 Polizisten aus Bayern und Baden-Württemberg stehen in Reserve. Im Alpenstädtchen Davos entwickelt sich unter diesen Voraussetzungen immer mehr eine Hassliebe zum jährlichen Gipfeltreffen. Die Davoser konnten sich Ende 2002 im Rahmen des Budgets zur Frage äußern, ob sie das WEF weiter wollen. Immerhin 40 Prozent erteilten dem Nobeltreffen eine Abfuhr. PIETER POLDERVAART

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