Geiseln wieder frei

Die entführte Reisegruppe ist in Kairo eingetroffen. Über die Freilassung kursieren unterschiedliche Angaben

KAIRO taz ■ Erst tagelange Verwirrung über das Schicksal der entführten Touristen, dann wie aus heiterem Himmel die erleichternde Nachricht: „Alle Geiseln sind frei“, hieß es auf dem Eilmeldungsbanner des staatlichen ägyptischen Fernsehens Montagmittag. Sie erfreuten sich bester Gesundheit und seien auf dem Weg nach Kairo. Damit war die 10-tägige Tortur der fünf Deutschen, fünf Italiener, einer Rumänin und ihrer acht ägyptischen Begleiter vorbei. Die Gruppe war bei einer Wüstensafari im Gilf al-Kebir, dem Dreiländereck zwischen Ägypten, Sudan und Libyen, überfallen und zunächst in den Sudan verschleppt worden. Die Kidnapper hatten 6 Millionen Euro Lösegeld gefordert.

Die endgültige Bestätigung kam um 15.30 Uhr, als die Gruppe auf einem Militärstützpunkt östlich von Kairo landete. Die Urlauber sollten dem Vernehmen nach in einem Militärhospital untersucht werden.

Der ägyptische Präsident Husni Mubarak war gerade dabei, im Nildelta ein Wasserwerk zu eröffnen, als sein Verteidigungsminister vor laufenden Kameras des staatlichen Fernsehkanals seinem Chef Bericht erstattete. „Und was ist mit den Geiseln?“, fragte Mubarak. „Die sind alle befreit, und es ist kein Lösegeld geflossen“, antwortete Hussein Tantawi. „Und die Entführer?“, so die präsidiale Nachfrage: „Die Hälfte wurde liquidiert“, erwiderte der Verteidigungsminister.

Kurz darauf verriet ein ägyptischer Sicherheitsbeamter im Verteidigungsministerium einer Nachrichtenagentur, dass ägyptische Spezialtruppen die Geiseln in einer Kommandoaktion aus einem Lager in Tschad nahe der Grenze zu Sudan befreit hätten. Die Truppen hätten die Geiselnehmer am Montag im Morgengrauen aus einem Hinterhalt heraus angegriffen. An der Befreiungsaktion seien 150 Mann beteiligt gewesen.

Italiens Außenminister Franco Frattini wollte mit Erfolgsmeldungen aus Kairo nicht nachstehen. An der Befreiung hätten auch „Männer des italienischen Geheimdienstes und der italienischen Streitkräfte teilgenommen“, sagte er. Der „hochprofessionelle Einsatz“ sei in Kooperation mit Ägypten und dem Sudan durchgeführt worden, Deutschland hätte geholfen.

Die sudanesische Version der Befreiung klingt etwas weniger spektakulär. Aus Armeekreisen in Khartoum verlautete bereits am Sonntag, dass die Armee die Geiselnehmer verfolgt und in eine Schießerei verwickelt habe. Dabei sollen der Anführer der Kidnapper und fünf weitere Entführer im Dreiländereck getötet worden sein. Zwei Geiselnehmer seien bei der Aktion gefangen genommen worden. Laut Aussagen des Protokollchefs des Außenministeriums in Khartoum hätten die beiden Festgenommenen die Fluchtroute der restlichen Entführer in Richtung Ägypten verraten. Daraufhin hätten sudanesische Sicherheitskräfte versucht, ihnen den Weg abzuschneiden. Nach dieser Version sollten die Kidnapper ihre Geiseln bereits sich selbst überlassen haben. Diese hätten dann selbst den Weg zurück nach Ägypten gefunden und seien dort von Sicherheitskräften in Empfang genommen worden.

KARIM EL-GAWHARY