Schröders Privatleben belastet Beziehungen

„Mail on Sunday“ rügt deutschen Übergriff auf Großbritannien – und setzt Berichte über angebliche Ehekrise fort

BERLIN dpa/ap/taz ■ Gewöhnlich bedienen sich britische Boulevardzeitungen nur dann der deutschen Sprache, wenn es um Fußball geht. Gestern jedoch tauchte das Idiom des einstigen Kriegsgegners ganz überraschend im Politikteil der Mail on Sunday auf. In einem Aufruf an „unsere deutschen Leser“ forderte das Massenblatt in deutscher Sprache dazu auf, „Peinliches“ über den Berliner Kanzler an die Zeitung weiterzuleiten.

Damit setzt sich die Mail über eine Entscheidung des Hamburger Landgerichts vom Freitag hinweg. Unter Androhung eines Ordnungsgeldes von bis zu 250.000 Euro hatten die deutschen Richter den britischen Journalisten untersagt, weiterhin Berichte über das Privatleben von Kanzler Gerhard Schröder zu publizieren. Schließlich war es die Mail gewesen, die ihre Leser als erstes Medium mit dem „Gerücht“ vertraut machte, Schröder habe eine Affäre mit einer bekannten TV-Moderatorin.

Nicht ohne deutschfeindliche Untertöne erklärte Mail-Herausgeber Peter Wright am Wochenende seinen Unwillen, sich „von deutschen Kanzlern oder von deutschen Gerichten über die Pressefreiheit belehren zu lassen“. Schon wegen „unserer unterschiedlichen Tradition und unserer robusten Demokratie“ hätten britische Journalisten jedes Recht, „diese Art Material zu publizieren“.

Laut Mail glauben britische wie kontinentaleuropäische Juristen, dass die Entscheidung des Hamburger Gerichts in Großbritannien nicht anwendbar ist. „Ein deutsches Gericht hat keine extraterritoriale Jurisdiktion“, sagte einer der Rechtsberater. In der gedruckten Ausgabe des Blattes las sich das dann so: „Sorry, Herr Schröder, aber Sie herrschen nicht in Großbritannien – oder mindestens noch nicht.“ Schröders „Attacke“ gegen die Zeitung werde „alle entzücken, die von einem europäischen Superstaat träumen“.

Nüchterne Beobachter wie die BBC glauben dagegen nicht, dass eine deutsche Invasion auf der Insel unmittelbar bevorsteht. In Wahrheit, so der Sender, wolle Schröder mit seiner juristisch fragwürdigen Klage den Medien im eigenen Land eine Lektion erteilen. Und der Kampf an der Heimatfront geht diese Woche in eine neue Runde: Schon morgen verhandelt das Berliner Landgericht über Schröders Streit mit der Märkischen Oderzeitung. Das Blatt hatte nicht einfach die Mail abgeschrieben wie andere deutsche Medien, sondern bereits im Dezember über angebliche Eheprobleme im Hause Schröder berichtet. RAB