Die Prinzenrolle als Hindernis

Ganz anders als der Laie denkt: Ruhig und sittsam hielt das Bündnis aktiver Fußballfans sein Wintertreffen in Oldenburg ab. Von schikanierten Fans und engagierten Aufarbeitern

Der FC Bayern etwa beschied Anfragen mit „dummdreisten Antworten“

taz ■ Während der Bundesliga-Saison gehören Stadionbesucher in Schal und Kutte zum gewohnten samstäglichen Stadtbild. Im Moment ist zwar Winterpause, echte Fußball-Fans lassen sich dadurch freilich nicht davon abhalten, sich mit dem runden Leder zu befassen. Das Treffen des B.A.F.F. (Bündnis aktiver Fußball-Fans) in Oldenburg allerdings dürfte den wenigsten Einwohnern der Huntestadt ins Auge fallen: Es findet im Konferenzraum einer Jugendherberge statt. In nüchterner Klassenzimmer-Atmosphäre haben sich hier rund 40 Sportfreunde aus ganz Deutschland versammelt, um über Projekte und Pläne des 1993 gegründeten Zusammenschlusses zu diskutieren.

Besonders stark vertreten ist der in der O.F.I. (Oldenburger Fan-Initiative) organisisierte Fanblock des VFB Oldenburg. Der kickt zwar derzeit in der vierten Liga, Fußballbegeisterte wie Steffen Rohloff halten aber unbeirrt an ihrem Verein fest. „Es sind vorwiegend Anhänger kleiner Clubs, die sich bei B.A.F.F engagieren“, erklärt der Exilschwabe, „ich glaube es sind auch zwei Dortmund-Fans dabei, aber sonst ...“

Im Mittelpunkt der Bestandsaufnahme steht die vom Bündnis initiierte Ausstellung „Tatort Stadion“, die seit geraumer Zeit durch die Republik tourt und im April/Mai auch nach Bremen kommen soll. Die Berichte zeigen nahezu einhellig die Ignoranz der Großen im Fußballgeschäft. Der FC Bayern München etwa beschied Anfragen betreffs einer Beteiligung mit „dummdreisten Antworten“, so berichtete ein bayerischer B.A.F.F.-Teilnehmer. Der Hessische Fußballbund lud zwar Vereine zu B.A.F.F-Veranstaltungen ein, blieb aber selbst fern. Zum DFB pflegt man auch nicht gerade das innigste Verhälnis. Dessen Präsident Gerhard Meyer-Vorfelder fühlte sich durch einige der „Tatort“-Stellwände gar persönlich beleidigt. Umso lustiger, dass der Webmaster der B.A.F.F-Homepage mit ihm verwandt ist.

Doch das Ärgernis hat viele Gesichter. Rassismus im Stadion wird von den aktiven Fans mit Aktionen wie der Schalker Kampagne „Dem Ball ist egal, wer ihn tritt“ ebenso gegeißelt, wie die Repressalien, mit denen manche Ordnungshüter die Fans überziehen. Dazu ist ein „Schikanen-Buch“ geplant, vielleicht auch die Verleihung des „Goldenen Schlagstocks“. Doch es geht nicht nur um rohe Gewalt: Ein hungriger Ballsport-Begeisterter beklagte sich bei B.A.F.F., er habe seine Prinzenrolle nicht mit ins Stadion nehmen dürfen.

Bei aller Ernsthaftigkeit der verhandelten Themen bleibt beim Wintertreffen des Bündnisses auch genügend Raum für Scherze – bevorzugt über den Lieblingsverein des jeweils anderen. Als Kaiserslautern-Fan Johannes den Raum kurz velässt witzelt der Frankfurter Michael: „Wahrscheinlich hat er gerade den entscheidenden Anruf erhalten, dass sich der Verein aufgelöst hat.“

Boshaft ist das alles nicht. Auch dass Löwen-Liebhaber Roberto bei der Party am Vorabend den Schal von Mike verloren hat, dürfte wohl keine ernsthaften Konsequenzen haben, obwohl der doch sichtlich an seiner Halsummantelung hängt. „Rettet sein Leben“, brummelt Mike Richtung Roberto und Rest der Mannschaft. Doch auch wenn sein Schal verschwunden bleiben sollte, wird sich Label-Inhaber Mike in der nächsten Zeit mit der Produktion einer B.A.F.F.-CD befassen.

Apropos Musik: Die gibt es am Abend auch noch. Im Cadillac spielen „Twenty Years of Hate“ aus Göttingen und die einzig passende Oldenburger Combo: „Life Kicker“. Christoph Kutzer