„Man muss sie nicht wählen“

taz: Herr Klementz, Sie hatten Probleme mit der Justiz, weil Sie vor 30 Jahren Recherchen zum Uranabbau in Deutschland gemacht hatten. Nun scheint dieser Abbau in Deutschland gestoppt worden zu sein. Ein Erfolg – oder haben Sie da Zweifel?

Edgar Klementz: Es gab ja schon damals eine politische Diskussion über die Atomenergie – bis heute, wie der Zwischenfall um das Endlager Asse jüngst gezeigt hat. Die Atomenergie hat noch keine Renaissance, auch wenn ihre Vertreter im Windschatten des Klimawandels Boden gutzumachen versuchen. Die Probleme der Atomenergie sind weiter ungelöst. Der Uranbergbau ist hierzulande wohl komplett zur Ruhe gekommen. Aber die Pläne und Bergwerke sind da. Diese sogenannte strategische Reserve kann jederzeit wieder ins Leben gerufen werden.

Boten die Grünen als AKW-Gegner Ihnen eine politische Heimat?

Unser „Arbeitskreis Strahlenschutz“ war eine Privatinitiative, nicht parteigebunden. Das trug später zur Schwächung bei, da wir nirgendwo angesiedelt waren – weder bei den Grünen noch bei anderen politischen Gruppierungen.

Was denken Sie heute über die Grünen: Soll man sie wählen wegen ihrer Anti-Atom-Politik?

Die Grünen haben sich dieses Feld als eigenes Thema von der SPD klauen lassen. Auch was andere Themen angeht wie Klimaerwärmung – da vermisse ich, dass die Grünen Vorreiter sind, die diese Zukunftsthemen besetzen, entschlossen, nicht nur mit ein paar Statements. Bei Asse etwa habe ich wenig von den Grünen gehört. Das ist wirklich enttäuschend. Deswegen muss man sie nicht wählen.

Heute ist die Mehrheit der Deutschen Umfragen zufolge wieder für einen Wiedereinstieg in die Atomenergie. Empört Sie das?

Das finde ich gänzlich unverständlich. Es zeigt, dass hier ein kollektives Gedächtnis in Deutschland nicht vorhanden ist. Es gibt auch keine Kraft, die so etwas organisiert. Das ist ein wesentlicher Grund, weshalb sich Ähnliches immer wieder wiederholt.

Könnte der Einsatz gegen ein Wiederaufleben der Atomenergie wieder zu einem Aufschwung der Grünen führen?

Das mag ich nicht ausschließen. Aber ich sehe derzeit keine Initiative bei den Grünen.INTERVIEW: PHILIPP GESSLER