Menschen To Go

Ein Radio-Feature über den Preis des Lebens („Was kostet ein Mensch?“, DLR Kultur, Sa., 19 Uhr)

Wussten Sie, dass Jennifer Lopez’ Gesicht für 500 Millionen Dollar versichert ist, und ihre Stimme für 306 Millionen? Dass in der Bibel steht, ein Mann sei 17-mal so viel wert wie ein Mädchen (Levitikus 27, 1-8)? Und dass Mauretanien das letzte Land ist, das die Sklaverei abgeschafft hat – und zwar erst 1981?

Unter dem Titel „Was kostet ein Mensch? – Preislisten von der Sklaverei bis zum Organhandel“ beschäftigen sich in diesem höchst hörenswerten Feature der Journalist Peter Angerer und der Innsbrucker Professor für Wirtschafts- und Sozialgeschichte Josef Nussbaumer mit – nun ja, mit dem Menschenhandel, Preislisten von Körperteilen inklusive. Ein Thema, von dem man sonst fast nur in den Medien hört, wenn wieder ein großer Kinderschänder- oder Organhändlerring aufgeflogen ist. Angerer und Nussbaumer beleuchten das Tabuthema aus unterschiedlichen Perspektiven und mit vielen Interviewpartnern – als gelungene, höchst anspruchsvolle Collage von Tönen und als ein Potpourri von unterschiedlichsten Blinkwinkeln.

Der Bogen reicht von den Terroranschlägen am 11. September 2001 in den USA, wo Regierung und Versicherungen sich auf eine Entschädigungszahlung von drei Millionen Dollar pro Opfer einigten, über den ökonomischen Begriff des „Humankapitals“ und die Berechnungen der Nationalsozialisten, was die SS an einem KZ-Häftling verdient, bis zur illegalen Straßenprostitution in Tschechien. Angerer und Nussbaumer bemühen sich um eine kontrastierende Darstellung des komplexen Themas. Dies gelingt ihnen dort besonders gut, wo sie Reporterkommentare von Fußballspielen zwischen die Interviewsequenzen schneiden: Fußballer, wie Inter Mailands Adriano, die für mehrere Millionen von Verein zu Verein verkauft werden – die modernste Form des Menschenhandels.

Etwas gekünstelt endet das Feature dann mit einem Geschichtsabriss zum Thema Menschenrechte, so als wollten die Autoren das Drama nicht in seiner Dunkelheit stehen lassen, sondern die Zuhörer mit einem Lichtblick entlassen.

Das ist alles wie aus dem Feature-Lehrbuch – mit allen Vor- und Nachteilen: Erhellend, hervorragend recherchiert und voller neuer Aspekte. Aber auch von monotoner Langatmigkeit in den Sprechphasen ohne Atmo, die dem Zuhörer viel abverlangen. Wer dieses Stück Radio wirklich erleben will, sollte sich ganz in Ruhe zu Hause auf die Couch legen und die Augen schließen. ANJA HÜBNER

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