Das Boot ist voll

Wegen der Kälte: Hinz & Kunzt fordert die Öffnung der Bahnhöfe. Auch auf dem Wohnschiff ist jetzt jeder Platz des Winternotprogramms belegt

„Es ist falsch, dass jeder Wohnungslose in Hamburg ein Bett erhalten kann“

von SANDRA WILSDORF

Das Obdachlosenmagazin Hinz & Kunzt fordert: „Öffnet die Bahnhöfe für Wohnungslose.“ Alle Notunterkünfte seien voll, und: „Es ist falsch, dass jeder Wohnungslose in Hamburg ein Bett erhalten kann“, sagt Stephan Karrenbauer, Sozialarbeiter bei Hinz & Kunzt. Die Stadt stelle zwar im Winter 200 zusätzliche Betten zur Verfügung, obdachlos seien in Hamburg aber 1200 Menschen. Karrenbauer warnt: „Wenn sich nicht schnell etwas ändert, werden wir bald unseren ersten Kältetoten haben.“ Bundesweit sind in diesem Winter bislang vier Menschen erfroren.

Tatsächlich ist beispielsweise das Pik As des städtischen Trägers pflegen & wohnen (p&w) schon seit Wochen überbelegt. „Eigentlich gibt es dort 190 Plätze, doch zurzeit übernachten im Pik As täglich 230 bis 240 Menschen“, sagt Sprecher Kay Ingwersen.

Auf den Wohnschiffen bietet p&w 100 Plätze des Winternotprogramms. Selbst die waren in der Nacht von vorgestern auf gestern zum ersten Mal komplett belegt. Bislang hatte die Sozialbehörde stets mit „noch freien Kapazitäten auf den Wohnschiffen“ den Vorwurf zurückgewiesen, es gebe in Hamburg nicht genügend Betten für Obdachlose. „Wenn dieser Trend sich fortsetzt, dann werden wir die Kapazitäten erhöhen“, sagt Anika Wichert, Sprecherin der Sozialbehörde. Bahnhöfe zu öffnen sei allerdings nicht angedacht, eher würden dann Einbett- zu Zweibettzimmern.

Ingwersen betont: „Wir weisen niemanden ab. Wer ein Bett will, der bekommt auch eines.“ Würde der Anstieg sich fortsetzen, würde man Notbetten aufstellen. Außerdem sollen Zuwanderer auf die Bezirke verteilt werden, so dass auf den Wohnschiffen etwas Platz entsteht.

Der Deutschen Bahn ist das Thema nicht lieb. „Wir wollen ja keine Werbung dafür machen“, sagt eine Sprecherin. Aber in einer Stellungnahme der Bahn heißt es: „Wenn Obdachlose in den Nachtstunden bei extremer Kälte in den Bahnhöfen angetroffen werden, so verweisen wir sie nicht des Bahnhofs.“ Sollten die Maßnahmenpläne der Kommunen nicht greifen oder die Obdachlosen keine gesicherte Unterkunft erreichen, könnten sie sich über Nacht im Bahnhof aufhalten.