GEÜBT BETREIBT NORDKOREA EINE RHETORIK DES SCHRECKENS
: Die Kim-Dynastie lebt von der Angst

Die Ankündigung Nordkoreas, dass Sanktionen der USA gegen das stalinistisch regierte Land „Krieg ohne Gnade“ bedeuteten, passt zum Stil des dortigen Regimes. Sie gleicht zudem Äußerungen von 1994, als Washington und Pjöngjang das letzte Mal auf einen Krieg zusteuerten. Damals wie heute sind Nordkoreas Drohungen durchsichtig: Pjöngjangs Außenpolitik baut darauf, mit scheinbarer Unberechenbarkeit und harten Drohungen möglichst wenig Zugeständnisse zu machen und großes Entgegenkommen zu erzielen.

Bei dieser „Rhetorik des Schreckens“ geht es um das Überleben des nordkoreanischen Regimes. Nichts wäre dafür schlimmer, als wenn sich die Drohungen als hohl erwiesen. Wäre klar, dass Nordkorea doch keine Massenvernichtungswaffen hätte, seine Raketen nicht fliegen und seine Soldaten kampfunwillig wären, wer würde sich dann von Pjöngjang noch Zugeständnisse abringen lassen? Stattdessen ist es der Kim-Dynastie noch immer gelungen, die Furcht vor ihrem Destruktionspotenzial zu nähren.

Das Pendant zu Nordkoreas Drohkulisse ist auf niedrigerem Niveau die Sanktionsdrohung der Internationalen Atomenergiebehörde. Sollte Nordkorea die ausgewiesenen Inspektoren nicht wieder ins Land lassen und sein Atomprogramm beenden, will die Behörde den UN-Sicherheitsrat ersuchen, geeignete Maßnahmen bis hin zu Sanktionen zu ergreifen. Das wäre im Falle des nordkoreanischen Regimes eine stumpfe Waffe, selbst wenn sie vielen Menschen in dem von Nahrungsmittelhilfe abhängigen Land das Leben kosten würde. Denn das isolierte Regime hat bereits früher deutlich gemacht, dass es lieber hunderttausende seiner Bürger verhungern lässt, als seine Kontrolle zu lockern. Den ohnehin bescheidenen Einfluss, den China und Russland auf Pjöngjang haben, werden sie nicht mit ernsthaften Sanktionen gefährden wollen. Peking und Moskau können kein Interesse an einem unkalkulierbaren Zusammenbruch Nordkoreas haben, an Flüchtlingsströmen und an gefährlicher Instabilität auf der koreanischen Halbinsel. Deshalb sind auch die Sanktionsdrohungen nichts anderes als eine Aufforderung an Nordkorea, sich zu bewegen. SVEN HANSEN