EU bittet zu Tisch

Rekordpreise und Inflation: Agrarkommissarin will armen Bürgern mehr Nahrungsmittelhilfe gewähren

BRÜSSEL dpa ■ Angesichts deutlich gestiegener Preise sollen in der EU mehr arme Menschen kostenlos Lebensmittel erhalten. Die EU-Kommission schlug gestern vor, die Nahrungsmittelhilfe der EU massiv auszuweiten. Das jährliche Budget soll um gut zwei Drittel auf 500 Millionen Euro aufgestockt werden. Zudem sollen die Lebensmittel künftig auch auf dem Markt eingekauft und die Palette somit erweitert werden. Agrarkommissarin Mariann Fischer Boel appellierte an die 27 Mitgliedstaaten, ihrem Vorschlag zuzustimmen.

Die Wurzeln der EU-Nahrungsmittelhilfe liegen in der Agrarpolitik (GAP), die mit ihren milliardenschweren Subventionen zu gewaltigen Überschüssen in der Landwirtschaft führte („Milchseen“ oder „Butterberge“). Das Programm war gestartet worden, um die Überschüsse mittels karitativer Organisationen an Arme zu verteilen. Hintergrund ist, dass die EU ohnehin verpflichtet war, die Überschüsse aufzukaufen; seit der Reform der GAP 2003 läuft die Verpflichtung jedoch allmählich aus.

Insgesamt lebten 2006 in der EU schätzungsweise 43 Millionen Menschen am Existenzminimum. Diese Menschen könnten sich nicht einmal jeden zweiten Tag eine Mahlzeit mit Fleisch, Huhn oder Fisch leisten, so Fischer Boel. Auch die Erweiterung der EU um Rumänien und Bulgarien habe die Zahl der Bedürftigen erhöht. Die Mittel für das Programm sollen laut Fischer Boel wie bislang aus dem Agrarhaushalt kommen. Von 2010 an sollen sich aber die Mitgliedstaaten schrittweise an der Finanzierung beteiligen. Dann soll ein Viertel – in ärmeren EU-Staaten ein Fünftel – aus den nationalen Haushalten kommen.