Walthers lustige Weise

„Polizei“ und „Spaß“ sind keine Begriffe, die in einem Atemzug genannt werden. In Bremen ist das ab und an mal anders. Dank Ronald Walther, Polizeipressesprecher und Witzbold vom Dienst

„Und langsam verhallte der Hufschlag im nächtlichen Walle“

Wenn in Bremer Redaktionsfluren aus leisem Gekicher gröhlendes Gegacker wird – dann kann es sein, dass Ronald Walther wieder am Werk war.

Denn Ronald Walther ist eine Bereicherung. Wenn man ihm gegenüber sitzt, mag man das erst gar nicht glauben. In der Teeküche der Pressestelle im Polizeipräsidium in der Vahr sitzt er, zieht an einer Zigarette, zuckt mit den Schultern und sagt: „Das kam immer ganz gut an.“ Was da „ganz gut“ ankommt, und das bei so ziemlich allen, die die Pressemitteilungen der Bremer Polizei beziehen, ist Walthers Weise, dem Leben die lustigen Seiten abzugewinnen. Auch dem harten Polizeileben.

„Kleine Sünden straft der Herr sofort“, so lautete eine der erstaunlichen Erkenntnisse, mit der Ronald Walther sich und die Presselandschaft erfreute. Zwei „Spitzbuben“ – O-TonWalther im vergangenen Februar – waren da mit „unchristlicher Brachialgewalt“ in den Rohbau eines Gemeindezentrums eingebrochen. Kaum dass ihnen das gelungen war, „traf sie der Bannstrahl in Form zweier Ordnungshüter“. Und: „Die zur Ausübung weltlicher Macht Befugten ergriffen die Mehrfachsünder und brachten sie vorübergehend hinter Schloss und Riegel, um ihnen vom hohen Gericht die Leviten lesen zu lassen.“

Der 47-Jährige ist einer von mehreren Polizeipressesprechern. Der Job ist „für mich genau das, was ich immer machen wollte“, sagt der Mann im Rang eines Hauptkommissars, der 1976 bei der Polizei angefangen hat. Vorher hat er „bisschen Schulen abgebrochen, rumgejobbt und gemerkt, irgendwas Vernünftiges muss ich machen“. Die Polizei, sagt er, sei eine „ganz gute Wahl“ gewesen.

Komische Vorbilder sind ihm Harald Schmidt, Oliver Kalkofe – „der hat ’ne ganz derbe Schreibe“ – und: „Karl Valentin, der war genial, der hat’s unverschämt draufgehabt.“

Manchmal wird Walther auch grafisch tätig. Wenn sich mal wieder einer zu dämlich angestellt hat, einen Einbruch zu vollbringen, dann malt der Polizeimann durchaus schon lachende und weinende Gesichtchen neben die einzelnen Schritte der kriminellen Handlung, je nachdem, ob sie nun gelungen waren oder nicht.

Es ist vielleicht der feinste, aber auch der kleinste Teil der Arbeit, bei dem die Ulknudel Walther zum Vorschein kommen darf. Es gibt Situationen, da ist keinen Platz für Witzigkeit. Beim Verschwinden der kleinen Adelina zum Beispiel. Da funktionierten alle auf Hochtouren. „Und es war eine positive Erfahrung, dass die Zusammenarbeit mit den Journalisten so gut geklappt hat.“ Inoffiziell Gesagtes blieb tatsächlich nicht-öffentlich, nahm Walther damals erfreut zur Kenntnis.

Seit ein paar Jahren macht er jetzt den Job im zweiten Stock des Neubaus im Polizeipräsidium, nach Jahren des Polizistentums in Revieren von Osterholz bis Walle. „Was anderes kommt für mich nicht mehr in Frage“, sagt der Vater einer 22-jährigen Tochter. Es wäre vielleicht mal in Frage gekommen – nämlich auf der anderen Seite zu wirken, als Journalist. „Ja, das wäre ich gerne geworden“, sagt Walther, „aber irgendwie hat es sich nicht realisieren lassen“. Auf die Frage, ob er manches Journalistenstück nicht hätte besser machen können, kommt die Antwort wie eine Kugel: „Ja!“ Aber er wisse, dass da Leser zu bedienen seien, bestimmte Lesergruppen. Wenn ihm eine Darstellung mal verzerrt erscheine, „dann sehe ich das inzwischen eher sportlich“.

Sportlich nahm Walther auch folgendes Ereignis vergangenen Juni in Walle: „Einen einsamen Ritt, immer der untergehenden Sonne entgegen, unternahm gestern Abend ein 21-jähriger Großstadtcowboy in Bremen-Walle. Zu später Stunde erreichten Pferd und Reiter die Nordstraße. Dort eine verlockende Leuchtreklame, männliches Stimmengewirr, der Geruch von Freiheit und Abenteuer gepaart mit Bier und Korn. Die Kehle staubtrocken vom Ritt durch den Asphaltdschungel, beschloss unser nächtlicher Reiter, den Abend mit einem Drink ausklingen zu lassen. Seinen treuen Wegbegleiter band er kurzerhand vor der Gaststätte an und verschwand im Saloon. Dies wiederum missfiel dem Pferd in erheblichem Maße, so dass es seinen Unmut in die Nacht hinauswieherte. Anwohnende Siedler fühlten sich in ihrer Nachtruhe gestört und riefen die Sheriffs. Diese trafen den Desperado auf seinem Pferd reitend an. Die Sheriffs gaben freies Geleit und langsam verhallte der Hufschlag im nächtlichen Walle.“ Susanne Gieffers