0,75 Liter gutes Gewissen

In einer Flasche Wein von Stellar Organics stecken Bio und „black empowerment“. Die ethisch korrekte Arbeit auf dem Gut schmeckt auch Hedonisten: Die Weine wurden vielfach ausgezeichnet

Fairtrade-Weine kommen heute insbesondere aus den Ländern Südafrika, Argentinien und Chile. In diesen Ländern besteht für kleine Weinbauern die Gefahr, dass ihre schwache Marktstellung ausgenutzt wird und Einkäufer ihre Preise drücken. Der faire Handel unterstützt sie durch die Festsetzung von Mindestpreisen (0,15 Euro/Kilo in Südafrika, 0,25 Euro/Kilo in Chile) für Trauben sowie mit der Zusicherung zusätzlicher Gelder in Höhe von 0,05 Euro/Kilo für soziale, ökonomische und ökologische Projekte.Über die Verwendung der Mehrerlöse können die Produzentengruppen selbst entscheiden. Produzenten und Importeure, die das Fairtrade-Siegel tragen, verpflichten sich, Wein direkt von Weingütern des FLO(Fairtrade Labelling Organization)-Produzentenregisters abzunehmen, eine langfristige Lieferbeziehung zu verfolgen, Vorfinanzierungskredite von rund 60 Prozent des Kaufwertes zu gewähren, für Weine aus Bioanbau 26 Euro je Tonne Aufschlag zu zahlen und 9 Cent je Flasche als Lizenzgebühr an TransFair zu zahlen. Zudem gehen 10 Cent pro verkaufter Flasche direkt an die Arbeiterselbstverwaltung. KA

VON KATJA APELT

Dass Marie Malan eines Tages die Geschicke des Weingutes Stellar Organics mitbestimmt, hätte sich die farbige Südafrikanerin vor zwanzig Jahren nicht träumen lassen. Damals war die junge Frau von den Eltern aus Geldmangel zum Arbeitsdienst auf einer Gemüsefarm verpflichtet und musste sich nach dem frühen Tod der Mutter auch um ihre vier Geschwister kümmern. Doch mit dem heraufziehenden Ende der Apartheid begann Malans Karriere. Damals noch Putzfrau bei den Roussows, den heutigen Stellar-Organics-Eigentümern, bildete sich die fleißige Farbige mit deren Unterstützung im Bereich Landwirtschaft weiter. 2004 schloss Malan ihr Weinbaustudium erfolgreich ab. Heute ist sie Betriebsleiterin auf dem südafrikanischen Vorzeigeweingut.

Dort, 300 Kilometer nördlich von Kapstadt, in den hügeligen Weiten des Namaqualands am Olifant River, gehören zum Terroir nicht nur die mit 150 bis 200 Millimeter sehr geringen jährlichen Niederschläge pro Quadratmeter, die Weinbauern mithilfe von Tröpfchenbewässerung austricksen, und die sengende Sonne während der Sommermonate. Die Weinproduktion von Stellar Organics entspricht auch biologischen und ethischen Standards. Das Weingut, dessen Umland sich in den feuchten Wintermonaten in bunte Blumenfelder verwandelt, ist biozertifiziert und trägt das Fairtrade-Siegel.

Manch Weinkenner rümpft bei so viel gutem Gewissen in der Flasche die Nase. Grundlos! Denn Stellar Organics hat seit seiner Gründung zu Beginn des neuen Jahrtausends bewiesen, dass „black empowerment“, das südafrikanische Programm zur Eingliederung Farbiger in die Arbeitswelt, schmeckt. Bereits auf den Messen Biofach 2006 und 2007 überzeugten die Weine die Juroren des Biowein-Wettbewerbs. So erhielten etwa der Sensory Merlot 2004 sowie der Shiraz Moonlight „live a little“ 2003 und der Pinotage aus dem gleichen Jahr eine Goldmedaille. Ausgezeichnet wurden außerdem der Shiraz 2004, der Dry White Firefly 2005, der Sensory Cabernet Sauvignon 2004, der Sensory Pinotage 2004, der Firefly Shiraz 2004 sowie der Firefly Chenin Blanc/Sauvignon Blanc 2006.

Auch Konsumenten geben den politisch korrekten Tropfen von der anderen Seite der Welt gute Noten. So belohnen etwa die Briten Stellar Organics mit einer stetig wachsenden Nachfrage. Die Weine des Gutes sind heute Marktführer unter den Bioweinen auf der Insel. „Stellar ist ein gutes Beispiel für eine Marke, die viele Kriterien erfüllt, auf die moderne Konsumenten heute achten“, sagt Keith Lay, Direktor des UK-Wein-Importeurs Ehrmann.

Neben Bio und Ethik gilt dies auch für die Arbeit in Weinberg und Keller. In den Anlagen des Weingutes kann Stellar-Önologe Dudley Wilson auf neueste Technologien bei der Weinbereitung zugreifen. So werden die roten Trauben in der Regel direkt nach der Ernte auf fast null Grad heruntergekühlt und 14 bis 40 Tage kalt auf den Schalen liegengelassen. So bleiben viele Geschmacksstoffe erhalten. Danach werden die Trauben sanft gepresst, um nicht zu viele grüne Tannine zu lösen, die den Wein aggressiver machen können. Mittels Heiztechnik wird dann die Gärung gestartet. Weißweine werden in der Regel sehr früh geerntet, damit durch die heiße Sonne nicht zu viel Frische verlorengeht. Mittels Umkehrosmose, bei der dem Wein Feuchtigkeit entzogen wird, erreicht Wilson die gewollte Geschmacksintensität. Bei den Rotweinen kommen zudem Barriques, aber auch Holzchips zum Einsatz. In Deutschland sind die Weine von Stellar vor allem in den Biosupermarktregalen zu finden. Zu fairen Preisen: Die Weine sind etwa bei A Tavola (www.a-tavola.de) schon ab 5,90 Euro zu haben.

Und das, obwohl auf dem Weingut viel dafür getan wird, Farmern und Arbeitern faire Preise für ihre Produkte zu zahlen und ihnen gute Lebensbedingungen zu bieten. So leben die Mitarbeiter von Stellar mietfrei in eigenen Arbeiterhäuschen mit Strom und Wasseranschluss. Ein Busshuttle verbindet die Unterkünfte mit dem Gut.

Mit dem nahenden Ende der Apartheid begann Malans Karriere Die Mitarbeiter leben mietfrei in eigenen Häuschen mit Strom und Wasseranschluss

Zudem sichert Stellar die Ausbildung der Kinder. Das Weingut hat einen eigenen Kindergarten – auch die Schulausbildung wird finanziert. Den Mitarbeitern soll zudem künftig ein Anteil von 26 Prozent an Stellar Organics gehören. Dafür sollen die Gelder, die laut Fairtrade-Richtlinie zur Unterstützung sozialer Projekte fließen müssen, künftig genutzt werden.

Denn zu den Bedingungen zählt nicht nur, dass die Arbeiter menschenwürdig leben und sie die Möglichkeit haben, ihre alltägliche Lebenshaltung zu bestreiten. Den Traubenbauern in Südafrika müssen auch mindestens 15 Cent je Kilo Trauben gezahlt werden (in Chile sind es 25 Cent). Noch einmal 5 Cent je Kilo fließen in soziale, ökonomische und ökologische Projekte, über deren Verwendung die Arbeiter, der Stellar Employees Workers Trust, mitbestimmen.

Hier ist auch Marie Malan Mitglied und achtet so auch von hier darauf, dass auch andere farbige Frauen in der südafrikanischen Weinwirtschaft eine Chance bekommen.