Deutscher Chauvinismus am Werk

betr.: „Rufmord und rassistische Hetze“, taz vom 2. 9. 08

Wenn Juden wieder von Deutschen als „Antisemiten“, „Leumundsjuden“ und dergleichen bezeichnet werden können, stellt sich mir die Frage, welcher deutsche Chauvinismus da am Werk ist. Ich denke, die Leichtfertigkeit und Instrumentalität, mit der Broder und Co. vom „Faschismus“ in Palästina, Iran etc., vom „zweiten Holocaust“ (Broder) oder vom „allgegenwärtigen Antisemitismus“ reden, lässt auf ein wirklich mehr als zweifelhaftes Verhältnis zur deutschen Vergangenheit schließen. Darf man jetzt wieder alles sagen, weil man auf der scheinbar sicheren Seite steht? Dabei werden dieselben Stereotype über Juden bedient und wiederholt, nur dieses Mal „positiv“ gewendet. „Der Jude“ erscheint nicht als böse Bedrohung, sondern als fetischisierbarer Heroe. Die Projektionsfläche ist für Philosemitismus und Antisemitismus dieselbe. Die Folgen sind ähnlich: Beide entindividualisieren jüdische Menschen – und machen Juden und Antisemitismuskritik zu Hebeln, um sich der deutschen Vergangenheit zu entledigen. CHRISTIAN STACHE, Hamburg