Anklage gegen Sauerland-Terroristen

Laut Bundesanwaltschaft planten drei Männer, die 2007 festgenommen wurden, Sprengstoffanschläge in mehreren deutschen Großstädten. Ziele der Sauerland-Terroristen waren offenbar Flughäfen, Diskos und amerikanische Einrichtungen

Sie planten Anschläge auf Flughäfen, Diskotheken und Pubs, so die Anklage

VON CHRISTIAN RATH

Zwei Deutsche, die zum Islam übergetreten sind, und ein in Hessen aufgewachsener Türke planten den größten Terror-Anschlag der bundesdeutschen Geschichte. Jetzt hat die Bundesanwaltschaft die detaillierte Anklage bekannt gegeben.

Der Ulmer Fritz G., 29, der Saarländer Daniel S., 22, und der Hesse Adem Y., 29, waren vor einem Jahr in einem Ferienhaus im Sauerland festgenommen worden, wo sie Sprengstoff herstellen wollten. Laut Anklage plante die „Sauerland-Gruppe“ Anschläge auf Gaststätten, Diskotheken und Flughäfen sowie auf amerikanische Einrichtungen in Deutschland „mit einer möglichst hohen Opferzahl“. Der Sprengstoff sollte in Mietautos vor Gebäuden in Frankfurt/Main, Ramstein, Dortmund, Düsseldorf, Köln, Stuttgart oder München deponiert werden. Die konkrete Ausführung der Anschläge war noch nicht sehr weit gediehen.

Die Gruppe war vor der Festnahme monatelang observiert und abgehört worden. Die Männer hatten bereits zwölf Fässer Wasserstoffperoxid besorgt, woraus sie explosives Material mit der gewaltigen Wirkung von 410 Kilo des Sprengstoffs TNT hätten herstellen können. Auch militärische Zünder hatten sie bereits in ihrem Besitz, die aber – anders als bisher angenommen – nicht aus Syrien, sondern aus Tschechien, Bulgarien und Serbien stammen. Sicherheitshalber hatten die Ermittler den Inhalt der Fässer, die in einer Garage im Schwarzwald lagerten, bereits heimlich ausgetauscht. Die Bundesanwaltschaft wirft den drei Männern mehrere Verbrechen vor. Einerseits werden sie als Mitglieder einer ausländischen Terrorgruppe angeklagt. Sie sollen in Lagern der Islamischen Jihad Union (IJU) ausgebildet worden sein und auch nach ihrer Rückkehr steten Kontakt zur IJU-Führung gehalten haben.

Die IJU ist eine dubiose und relativ kleine usbekische Organisation, die in Pakistan ihre Lager aufgeschlagen hat (taz berichtete am 27. 5. 2008). Eine Woche nach der Verhaftung der Männer kam ein Bekennerschreiben der Organisation für die Planung der Anschläge. Der baden-württembergische Verfassungsschutz zweifelte jedoch an dessen Authentizität – und stellte sogar die Existenz der IJU in Frage.

Falls die Ermittler die Existenz der Gruppe nicht nachweisen können, hat die Generalbundesanwältin Monika Harms kein Problem. Denn sie stuft die drei Verhafteten auch als Mitglieder einer eigenen inländischen Terrorgruppe ein. Außer den drei Männern sollen auch der in der Türkei inhaftierte Attila S. sowie ein oder zwei weitere Personen zu der Gruppe gehört haben, die seit Februar 2006 existieren soll. Fritz G. gilt als Rädelsführer.

Des Weiteren besteht eine Anklage wegen Verabredung zum Mord und zu Sprengstoffanschlägen. Paragraf 30 des Strafgesetzbuches erlaubt auch die Bestrafung von losen Gruppen, die konkrete Taten planen, aber noch nicht unmittelbar mit der Ausführung begonnen haben.

Der schwerste Vorwurf trifft den Jüngsten der Gruppe, Daniel S. Ihm wird versuchter Mord sowie Widerstand gegen Beamte zur Last gelegt. Er war bei der Festnahme im Sauerland aus dem Badezimmer geflüchtet und hat einem Polizisten die Dienstwaffe entrissen. Zweimal versuchte S., auf den Polizisten zu schießen, dem es jedoch gelang, die Waffe wegzudrücken.

Die Verteidiger haben nun zwei Monate Zeit, auf die 259 Seiten starke Anklageschrift zu antworten. Die Angeklagten machten bislang keine Aussage. Der Prozess am Oberlandesgericht Düsseldorf wird vermutlich Ende des Jahres beginnen.