Ypsilantis Linksflirt wird abgesegnet

Die hessische SPD nickt eine Minderheitsregierung unter Tolerierung der Linken ab und stützt die Landesparteichefin

FRANKFURT/M. taz ■ Die hessische Landesparteichefin Andrea Ypsilanti (SPD) erhielt am Donnerstagabend Rückendeckung und Zuspruch: Die Mehrheit der rund 500 Sozialdemokraten, die sich im Bürgerhaus Gallus in Frankfurt versammelt hatten, befürwortete eine rot-grüne Minderheitsregierung unter Tolerierung der Linken.

„Es gibt eine große Unterstützung, jetzt den Weg in eine Minderheitsregierung zu wagen“, zog Ypsilanti erleichtert gegen 22 Uhr ein erstes Fazit: „Wir waren uns einig, es zu probieren.“ Offenen Widerspruch gegen den Linkskurs der Parteispitze habe es jedenfalls nicht gegeben, hieß es nach drei Stunden Debatte unter den Genossen.

Mit der ersten von insgesamt vier geplanten Regionalkonferenzen der SPD, die für die Öffentlichkeit nicht zugängig war, wollte die hessische Parteiführung die Stimmung an der Basis eruieren. Und die soll in Frankfurt – einer Hochburg der Linken in der SPD – nach übereinstimmenden Aussagen von Teilnehmern „prächtig“ gewesen sein. Selbst Skeptiker habe Ypsilanti mit einem „großartigen Vortrag für die Sache“ beeindruckt, wie eine Genossin aus Frankfurt geradezu euphorisch anmerkte.

Und das trotz der am gleichen Abend veröffentlichten niederschmetternden Ergebnisse einer Umfrage des Hessischen Rundfunks und der ARD: Laut Umfrage würde die SPD nur noch auf 28 Prozent der Stimmen kommen, wenn am nächsten Sonntag in Hessen gewählt würde – ein Minus von 8,7 Prozent im Vergleich zur Landtagswahl Ende Januar.

Nur 22 Prozent sprachen sich für eine von der Linken tolerierte rot-grüne Minderheitsregierung aus. Die gleiche Umfrage, warfen vor der Halle stehende Genossen trotzig ein, hätte ja auch ergeben, dass nur 17 Prozent der Hessen dafür seien, dass Ministerpräsident Roland Koch (CDU) das Land geschäftsführend regiert.

SPD-Generalsekretär Norbert Schmitt hatte zuvor konstatiert, dass man in Hessen „mit altbekannten Formationen“ nicht weiterkomme. Ein Fünfparteiensystem mit knappen Mehrheiten verlange von den Politikern „ungewohnte Schritte“.

„Irritierend“ fanden einige Genossen indes, dass die Landtagsabgeordnete Dagmar Metzger (SPD), die Ypsilanti nicht zur Ministerpräsidentin wählen will, in Darmstadt ihre eigene Regionalkonferenz initiiert hatte. Metzger bekräftigte dort ihre Ablehnung des Parteikurses.

Die Grünen warnten unterdessen Ypsilanti vor einem Zurückweichen in der Flughafenpolitik. In einer Vorlage des Landesvorstand für den am Samstag tagenden Parteirat werfen die Grünen der SPD „Allmachtsfantasien“ vor und fordern Koalitionsverhandlungen „auf Augenhöhe“. Die Grünen sind mittlerweile verärgert, weil die hessische SPD am Mittwoch erklärt hatte, sie wolle ein Nachtflugverbot am Frankfurter Flughafen nur noch innerhalb der gerichtlichen Auseinandersetzung herbeiführen. Nach Lesart von Grünen und Linkspartei geben die Sozialdemokraten damit das Ziel auf, nach einem Regierungswechsel aktiv in den Planfeststellungsbeschluss zum Flughafenausbau einzugreifen.

KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT