„Die Modelle sind nicht zuverlässig genug“

Klimaforscher Andreas Will sieht methodische Schwächen bei den gegenwärtigen Klimaprognosen

ANDREAS WILL, 45, ist Dozent für Umweltmeteorologie an der Technischen Universität Cottbus.

taz: Herr Will, die neue Klimastudie Remo sagt uns, wie warm es in Deutschland wird – auf 10 x 10 Kilometer große Gebiete bezogen. Jetzt weiß jeder Bürgermeister, was auf seine Stadt zukommt, oder?

Andreas Will: So einfach ist es nicht. Es ist nicht gesagt, dass eine feinere geografische Auflösung auch die exakteren Ergebnisse liefert. Im Gegenteil: Es kann auch sein, dass eine gröbere Auflösung die besseren Resultate bringt.

Wie kann das sein?

Die entscheidende Frage ist doch: Woraus leitet sich die Qualität einer Prognose ab? Da ist die Verfeinerung der Auflösung sicher nicht der richtige Maßstab. Verfeinert man die Modellauflösung, kann die Vorhersage sogar schlechter werden. Denn die Beschreibung einer Reihe von physikalischen Prozessen gilt heute nicht universell, sondern ist von den gewählten Bewertungsmethoden abhängig.

Was macht eine Prognose zu einer guten Vorhersage?

Die Modellqualität wird durch Vergleich mit den Beobachtungen in der Vergangenheit beurteilt. Jedes der heute gebräuchlichen Modelle hat Stärken und Schwächen. Manche Abweichungen sind erheblich und bei fast allen Modellen gleich, zum Beispiel mehrere Grad zu hohe Temperaturen auf dem Balkan im Sommer. Bei den mittleren Niederschlägen in 50 Jahren sind bei verschiedenen Modellen für einzelne Regionen Unterschiede von 50 Prozent keine Seltenheit.

Wie soll nun die Bundesregierung mit so einer Prognoseunsicherheit umgehen?

Es ist auf jeden Fall richtig, sich nicht nur auf ein Modell zu verlassen, da es ja nicht die Möglichkeit gibt, die Qualität experimentell zu überprüfen. Neben dynamischen regionalen Klimamodellen wie zum Beispiel Remo wurden auch Modelle errechnet, die auf statistischen Annahmen über das Klima der Vergangenheit basieren. Die entsprechenden Vergleiche untereinander stehen aber noch nicht zur Verfügung. Aus den bisherigen Auswertungen wissen wir aber, dass für eine Reihe praktischer Fragestellungen die bislang erreichte Zuverlässigkeit der Modelle nicht ausreicht. Deshalb muss die Weiterentwicklung der regionalen Klimamodelle wieder stärker gefördert werden.

INTERVIEW: STEPHAN KOSCH